WM-Story: Aus dem deutschen Ligaalltag ins namibische WM-Dress

Stehen bei der WM in Winterthur für Namibia auf dem Spielfeld: (von links) André Meng (Hammer SC 08), Gian Rudolph (MTV Vorsfelde) und Tristan Minz (TSV Unterpfaffenhoven-Germering) (Foto: DFBL/Spille)

Winterthur (DFBL/ssp). Mit dem Spiel gegen Argentinien startet die Deutsche Faustball-Nationalmannschaft der Männer an diesem Sonntag um 18 Uhr in die Weltmeisterschaft in Winterthur. Die ersten Begegnungen starten aber bereits um 11.30 Uhr. Und auch hier werden vier Faustballer, die sonst im deutschen Ligaspielbetrieb aktiv sind,  gefordert sein.

Freitagnachmittag im Stadion Schützenwiese in Winterthur: Die Sonne knallt auf den grünen Rasen, auf dem ein reges Treiben herrscht. Die Aufbauarbeiten zur größten Faustball-Weltmeisterschaft sind in vollem Gange. Von der Haupttribüne gibt es gespannte Blicke. André Meng, Tristan Minz und Gian Rudolph sitzen in ihren knallig gelben T-Shirts auf den Plätzen der überdachten Tribüne und lassen die Eindrücke auf sich wirken. Während sie die Saison über mit dem Hammer SC, TSV Unterpfaffenhofen-Germering und dem MTV Vorsfelde in der 2. Bundesliga oder Verbandsliga auf Punktejagd gehen, wird das hier in der kommenden Woche ihr sportliches Wohnzimmersein. Denn: Gemeinsam treten sie bei dieser Weltmeisterschaft für Namibia an.

Familienmitglieder haben bereits gespielt

Faustball in Namibia – das hat eine große Tradition. Bereits in der deutschen Kolonialzeit entwickelte sich der Sport im ehemaligen Südwestafrika. 1967 wurde der Vorgängerverband des heutigen Faustball-Verbandes gegründet. Seit 1972 haben die afrikanischen Faustballer an elf Weltmeisterschaften teilgenommen.

Faustball ist in Namibia ein Familiensport, berichten die drei Nationalspieler. Für André Meng (Hammer SC 08) und Tristan Minz (TSV Unterpfaffenhofen-Germering) war die sportliche Laufbahn somit vorprogrammiert. „Unsere Väter, Großväter und Onkel haben bereits Faustball gespielt“, erzählt Tristan Minz. Ihre Faustballkarriere begonnen haben sie und Gian Rudolph (MTV Vorsfelde) dabei alle bei unterschiedlichen Vereinen in Namibia. Während Gian (SK Windhoek) und Tristan (Cohen FC) aus der Hauptstadt Windhoek stammen,  wurde André in Swakopmund geboren und spielte dort von der Jugend an beim SFC. „Die Mannschaften im Spielbetrieb kommen alle entweder aus Windhoek oder Swakopmund. Um gegeneinander zu spielen, muss man um die 350 Kilometer zurücklegen“, erzählt Tristan Minz. „Es gibt eine Liga, in der die Mannschaften aufeinandertreffen.“ Früher hätte es sogar drei unterschiedliche Leistungsklassen gegeben, doch die Zahl der Faustballer im Land gehe immer mehr zurück. Gian Rudolph: „Heute gibt es leider nur noch eine Liga.“

Für die Ausbildung nach Deutschland

Will wie 2015 auch in Winterthur vollen Einsatz zeigen: Tristan Minz (Foto: DFBL/Schönwandt)

Meng, Minz und Rudolph spielen nicht mehr in der „Bank Windhoek Faustball Liga“. Sie alle hat es vor einiger Zeit für eine Ausbildung nach Deutschland verschlagen – in die Faustball-Nation Nummer eins. „Es gibt hier einige Unterschiede zum Faustball in Namibia“, sind sich die drei einig. „Bereits das Spiel an sich ist anders, dazu kommt ein deutlich höheres Tempo“, sagt Gian Rudolph. André Meng ergänzt: „Es gibt viel mehr Trainingsmöglichkeiten, dazu ist alles viel professioneller.“ Gian hat sich deshalb auch nicht direkt in die zweite Liga gewagt. „Ich bin schrittweise gewechselt, habe in Eicklingen angefangen, bin dann zum TSV Burgdorf gegangen und jetzt nach Vorsfelde gewechselt“, sagt der 27-Jährige. Und: Neue Erfahrungen konnten die drei auch im Hallenfaustball machen. „Bei uns in Namibia gibt es nur ein Hallenturnier im Jahr, bei dem auf einem Betonboden gespielt wird. Hier in Deutschland mussten wir uns daran erst einmal gewöhnen“, sagt André Meng.

Die WM werden die drei aber auf dem geliebten Rasen bestreiten. „Wir haben uns in unserem Heimatvereinen auf die WM vorbereitet, ein richtiger gemeinsamer Vorbereitungslehrgang hat nicht stattgefunden“, sagt Tristanz Minz, der wie Gian Rudolph bereits bei der WM 2015 im namibischen Aufgebot stand. In Jona nahm das Team dann gemeinsam an den Obersee Masters teil, danach stand ein dreitägiges Trainingslager in Jona auf dem Programm. Das reiche für das junge Team – das mit einem Alterdurchschnitt von 26,5 Jahren antritt – aber aus, um in die WM zu starten. „Der große Vorteil ist, dass wir uns alle schon seit der Jugend kennen“, sagt Gian Rudolph. Der eine Teil des Kaders spielte mit ihm zusammen 2009 bereits bei der U18-Heim-WM in Namibia, die anderen Spieler vertaten, so wie Tristan Minz und André Meng, den afrikanischen Kontinent 2014 bei der U18-WM in Brasilien.

Mittelfeldplatz als Ziel

Das Ziel bei der Männer-WM in der Schweiz ist es, mindestens den neunten Platz von vor vier Jahren zu bestätigen. Wenn es gut läuft, hoffen die Namibianer, die vom Schweizer Stefan Grögli trainiert werden, auf eine noch bessere Platzierung. Dazu muss die Mannschaft in der Vorrunde gegen Australien, Dänemark, Japan und die Niederlande bestehen und einen der ersten beiden Plätze belegen. „Wir haben einen unglaublich tollen Teamgeist. Der wird uns helfen, dass wir einen guten Mittelfeldplatz erreichen“, sind die drei überzeugt.

Am nächsten Samstag werden sie dann so wie am Freitag wieder auf der Tribüne sitzen, mit den gesammelten Erfahrungen der WM-Tage auf das Spielfeld schauen und das Finale verfolgen. Und wenn Deutschland spielt, werden sie vielleicht auch dem Team in Schwarz-Rot-Gold die Daumen drücken. Denn neben der namibischen besitzen die drei auch eine deutsche Staatsbürgerschaft.

Beim IFA-Training am Samstag: die Faustballnationalmannschaft aus Namibia

Das Team Namibia bei der Faustball-WM 2019: Tristan Minz, Gian Rudolph, Rico Kühnle-Kreitz, Thilo Wilkens, Helmo Minz, Wilko Hoffmann, Andre Meng, Götz Friedrich, Stephan Zimny; Stefan Grögli (Trainer), Nikolaus Meyer (Doktor), Stephan Zimny (Teammanager)

Weitere WM-Spieler aus deutschen Vereinen

Gian Rudolph, Tristan Minz und André Meng sind nicht die einzigen Faustballer bei dieser WM, die in Deutschland spielen. Auch ihr Mannschaftskollege Stephan Zimny ist, wie Minz, seit einem knappen Jahr beim TSV Unterpfaffenhofen-Germering aktiv. Dazu spielte der Chilene Alvaro Mödinger ein Jahr lang beim TK Hannover und will mit den Südamerikanern um eine Spitzenplatzierung kämpfen. In den Reihen des WM-Gastgebers Schweiz steht mit Raphael Schlattinger ebenfalls ein Faustballer, der in einem deutschen Verein aktiv ist. Mit dem TSV Calw wird er am 31. August und 1. September an der Deutschen Meisterschaft in Kellinghusen teilnehmen.

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