Teamcheck: Ausgeglichene Nord-Bundesliga
Oldenburg (DFBL/saw) — Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, gleich drei Turniere standen für die Nordliga der Frauen in diesem Jahr auf dem Programm. In Bardowick, Brettorf und Essel konnten sich die teilweise neu formierten Teams schon einmal unter die Lupe nehmen. Wer in Sachen Frühform herausstechen konnte und welche Neuheiten ansonsten zu erwarten sind, wird im Folgenden auf den Punkt gebracht.
Der TV Jahn Schneverdingen, der als Turniersieger aus Bardowick und Brettorf zurückkehrte, kann voller Selbstvertrauen dem ersten Punktspieltag entgegenblicken. Von Abstimmungsschwierigkeiten war, trotz großer Veränderungen im Kader, nicht viel zu erkennen. So agierten vor allem Nationalspielerinnen Theresa Schröder und Hinrike Seitz als Einheit, die den Rest der Mannschaft die nötige Sicherheit gab und die Gegner schon jetzt vor die ein oder andere unlösbare Aufgabe stellte. Während Aniko Müller nach einer Saison zurück zum Heimatverein nach Kaulsdorf kehrt und sowohl Kristin Eggert als auch Romy Jonas aus beruflichen Gründen nicht zur Verfügung stehen, hat Trainerin Tine Seitz den eigenen Nachwuchs in den Kader berufen und zudem mit Vanessa Jürgens eine Abwehrspielerin vom MTV Hammah gewonnen, die ebenfalls Bundesligaerfahrung mitbringt. Trotz allem zeigt sich die Trainerin eher pessimistisch, gibt den Klassenerhalt aus ausgemachtes Ziel bekannt: „Die Vorbereitung lief bisher sehr gut. Mit den beiden Turniersiegen war aufgrund der vielen neuen und jungen Spielerinnen nicht wirklich zu rechnen. Wir wissen aber, dass Vorbereitung eine Sache ist und ein Bundesligaspieltag eine andere“, so Seitz. „Bemerkenswert sind die gute Stimmung und die positive Einstellung im Team. Darauf können wir aufbauen und wollen so schnell wie möglich die nötigen Punkte für unser Ziel, den Klassenerhalt, sammeln.“ Auch wenn in der vergangenen Saison die Qualifikation zur Endrunde seit einigen Jahren erstmals nicht erreicht wurde, darf man dennoch davon ausgehen, dass dies mehr als nur im Bereich des Möglichen für die junge Mannschaft aus der Lüneburger Heide ist.
In Sachen Vorbereitung ist der TSV Schülp mit Trainer Rouven Schönwandt das Maß der Dinge. So stand neben den zahlreichen Trainingseinheiten und Turnieren ein dreitägiges Trainingslager auf dem Programm, bei dem es „jedoch hauptsächlich darum ging, sich schnell an die Halle zu gewöhnen, technische Feinheiten und Taktiken einzuüben und vor allem das Team schnell zu vereinen und alle Neulinge zu integrieren“. Mit Videoanalysen, verschiedenen Spielformen, Fitnesseinheiten und nicht zuletzt Teambuilding-Maßnahmen hat das Team aus Schleswig-Holstein viel Herzblut in die Vorbereitung gesteckt, was am Ende sicherlich belohnt werden sollte. Auch in den Reihen der Schülperinnen hat es Veränderungen gegeben. Zuspielerin Yasmin Yasin wird in dieser Saison nicht auflaufen und auch Kim Reimers wird aus privaten und beruflichen Gründen kürzer treten. Dem stehen jedoch auch einige Zugänge gegenüber, gleich drei Spielerinnen aus dem Nachwuchsbereich rücken ins Erstligateam auf. Mit einem neunköpfigen Kader stehen Trainer Schönwandt alle Möglichkeiten offen, um die beste Aufstellung für das ausgemacht Ziel des Klassenerhalts zu sichern. Auch wenn im Vorjahr nur knapp die Liga gehalten werden konnte, sollte auch in diesem Jahr daran kein großer Zweifel bestehen.
Auf alte Bekannte treffen die Mannschaften mit dem VfK Berlin, der sich nach einem kurzen „Ausflug“ in die zweite Liga im Oberhaus zurückmeldet. Als Aufsteiger haben die Berlinerinnen es jedoch alles andere als leicht. Erst im Sommer hatte man viele knappe, bittere Niederlagen hinnehmen müssen, die letztendlich den Abstieg bedeuteten. Ohne Veränderungen im Team, lediglich Birgit Hoppe steht wieder zur Verfügung, kann man auf erfahrene Spielerinnen hoffen. Während Franziska Lee und Alexandra Birkenbach die Mannschaft nur bedingt unterstützen können, darf man sich überraschend über den Neuzugang von Yasmin Yasin vom TSV Schülp freuen, deren berufliche Wege kurzfristig nach Berlin geführt haben. Da es aus verschiedenen Gründen immer schwieriger wird, gemeinsame Trainingseinheiten zu absolvieren, muss man mehr und mehr auf die Erfahrungen setzen. Spielt man jedoch seit Jahren zusammen, sollte es in Sachen Abstimmung dennoch wenig problematisch werden. Der Klassenerhalt ist auch in der Hauptstadt das ausgemachte Ziel, für das die Mannschaft, allen voran Hauptangreiferin Ulrike Schubert, um jeden Preis kämpfen wird.
Der große Unbekannte ist der TSV Bardowick, der sein Debüt in der 1. Liga feiern darf. Gemeinsam mit dem VfK Berlin hat Bardowick sich als Zweiter der Aufstiegsspiele für dich höchste Spielklasse qualifiziert. Einen ersten, guten Eindruck konnte man beim eigens ausgerichteten Turnier hinterlassen, bei dem man die Konkurrenz in einigen Sätzen besiegte und schließlich mit Platz 3 gleich zwei Bundesligateams hinter sich lassen ließ. Mit Florian Reukauf konnte die Mannschaft ab dieser Saison einen Trainer gewinnen, der selbst einige Spielerfahrungen vorzuweisen hat und sich außerdem im Ligageschehen so gut auskennt, dass der seine Mannschaft bestmöglich auf die Konkurrenz einstellen wird. Insbesondere als unbeschriebenes Blatt ist der TSV keinesfalls zu unterschätzen; der Klassenerhalt ist den Neulingen zuzutrauen.
Von Abstiegssorgen dürfte beim SV Moslesfehn nicht die Rede sein. Als Vorjahresvierter und nahezu ohne Veränderungen im Kader sollte es für die Mannschaft aus dem Oldenburger Vorort zur Pflichtaufgabe werden, vielmehr ist die Qualifikation zur Endrunde im Bereich des Möglichen. Nachdem Kathrin von der Pütten aus der Babypause zurückkehrt, hat der achtköpfige Kader viele Möglichkeiten, um sich auf die altbekannten Gegner einzustellen. Auch wenn man bei den Vorbereitungsturnieren eher unter den Möglichkeiten geblieben ist, kann man damit rechnen, dass sich die Mannschaft von Trainerin Doris Schmertmann pünktlich zum Saisonauftakt in Höchstform präsentieren wird. Zuletzt durfte man den Sieg der Bronzemedaille bei der Deutschen Meisterschaft in Hirschfelde feiern, sodass das DM-erfahrene Team auch in der Halle mit einem der DM-Tickets liebäugeln dürfte.
Vor neuen Aufgaben steht der Ahlhorner SV, der als amtierender Deutscher Meister zwar in dieser Saison zum Europacup fahren darf, aber eine Fahrt zur Deutschen Meisterschaft nach Selsingen in dieser Saison eher unwahrscheinlich wird. Nach einer mehr als enttäuschenden Feldsaison, in der erstmals seit 15 Jahren die Qualifikation nicht erreicht wurde, wollen es die Spielerinnen von ASV in dieser Saison jedoch nicht so spannend in Sachen Klassenerhalt machen. Während Hauptangreiferin Celina Minx aus privaten Gründen ihren Rücktritt erklärte, wird Janna Köhrmann pünktlich zum Saisonbeginn gleich vier Wochen nach der Geburt des zweiten Kinders im blauen Trikot auflaufen. Der Einsatz von Julia Weber bleibt aufgrund einer Schulterverletzung vorerst ungewiss. Dafür wird Nachwuchsspielerin Pia Neuefeind, die in der Vergangenheit bereits erste Bundesligaluft schnuppern durfte, endgültig ins Team rücken. Überraschend gut liefen die Vorbereitungen bisher, bei zwei Turnieren erreichte man jeweils das Finale und belegte schließlich jeweils Platz 2. Dennoch hat die Vergangenheit gezeigt, dass man durchaus mit Veränderungen, in welcher Form auch immer, zu kämpfen hatte und die Leistung nicht immer auf den Punkt abgerufen wurde.
Grund zur Freude hat der MTSV Selsingen bereits jetzt und kann sich acht Spieltage lang auf den Höhepunkt der Saison vorbereiten. Als Ausrichter der diesjährigen Meisterschaft steht die Teilnahme an der Endrunde für das Team von der Wümme bereits jetzt fest. Voller Selbstvertrauen und augenscheinlich ohne großen Druck können die Spiele bestritten werden, wenngleich das der Leistung des Teams keinen Abbruch tun wird. Die Hallenspezialistinnen um Laura Marofke haben sich mit Europameisterin Jana Rapp (MTV Hammah) zusätzlich im Angriff verstärkt. Nach dem Gewinn der Bronzemedaille in der vergangenen Hallensaison, dem der Silbermedaille in der Feldsaison, wäre in dieser Saison die Goldmedaille vor heimischer Kulisse an der Reihe. Der Weg dorthin ist allemal lang, doch ist mit guten Turnierplatzierungen (zuletzt der Sieg in Essel) der erste Schritt in die vorgegebene Richtung getan. Wenn man bedenkt, dass Jana Rapp dort noch nicht im Trikot der Selsingerinnnen aufgelaufen ist, darf die Konkurrenz sich bei den Punktspieltagen warm anziehen.
Als Vorjahressechster sicherte sich die SG Stern Kausldorf relativ schnell den Klassenerhalt. Doch in diesem Jahr strebt die Mannschaft nach mehr und hat sich vorgenommen, die obere Tabellenhälfte in Angriff zu nehmen. Nachdem Aniko Müller nach einer Saison vom TV Jahn Schneverdingen und als frisch gebackene Nationalspielerin und Europameisterin zurückkehrt, ist von einer positiven Entwicklung der Schlüsselspielerin auszugehen. So liegt Sieg und Niederlage zu großen Teilen auf den Schultern der Angreiferin, die von Diana Hürst bestmöglich unterstützt wird. Komplettiert wird die Mannschaft von Luise Lemke, die ebenfalls aus der Babypause zurück in den Kader rückt. Zur Frühform des Berliner Teams ist nicht viel zu sagen, da man an keinem der drei „großen“ Turniere teilgenommen hatte. Dennoch lässt sich prognostizieren, dass der Klassenerhalt schnell in trockene Tücher gebracht wird, aber die Mitsprache bei der Vergabe der übrigen zwei DM-Tickets eine große Überraschung wäre.
Komplettiert wird die erste Liga Nord vom VfL Kellinghusen, der zu den aufstrebenden Teams national zählt. Zwei Mal wurde die Hürde des Klassenerhalts für die Holsteinerinnen bereits mehr als erfolgreich genommen. Eine Platzierung im sicheren Mittelfeld mit ausgeglichener Bilanz war das Ergebnis der vergangenen Hallensaison. Spätestens nachdem man sich in der Feldsaison, wenn auch für das Team überraschend, als Norddritter für die Endrunde qualifizierte, wird allen klar sein, welch Potenzial in der Mannschaft steckt. So wäre eine Platzierung in der oberen Tabellenregion keine Überraschung mehr, auch wenn sich die Mannschaft um Europameisterin Anika Bruhn mit der Saisonvorbereitung nicht gänzlich zufrieden zeigt. Gleich zwei Mal musste man der direkten Konkurrenz im Viertelfinale den Vortritt lassen. Selbst wenn die Punkte nicht gleich am ersten Spieltag eingefahren werden, bei dem man auf den MTSV Selsingen und den TV Jahn Schneverdingen trifft, ist mit dem VfL allemal auf der Überholspur zu rechnen.
Prognosen werden in jedem Fall immer schwieriger, da das Leistungsgefälle innerhalb der Liga immer mehr abnimmt und personell auch in diesem Jahr viele Veränderungen vollzogen wurden. Bereits die zurückliegende Feldsaison hat gezeigt, dass viele Begegnungen auf Augenhöhe stattgefunden haben. So viel dürfte klar sein; auch in dieser Saison wird man von Überraschungen nicht verschont bleiben.
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