Faustball-Storys: Schachtsieks spannende Doppelrolle

Faustballer und Funktionär: Ole Schachtsiek. Fotos: Spille/privat
Verfasst am 31. Dezember 2022
Allgemein Bundesligen Nationalmannschaft

Er ist Nationalspieler und seit kurzem auch Funktionär: Der Faustballer Ole Schachtsiek kämpft in den kommenden Monaten um einen Platz im Kader für die Weltmeisterschaft in Mannheim. Als neuer Leistungssport-Referent möchte der 26-Jährige dabei helfen, die Professionalisierung innerhalb der DFBL voranzutreiben.

Langenfeld (DFBL/sbs). Die Feiertage und die Zeit zwischen den Jahren verbringt Ole Schachtsiek wie jedes Jahr im Schnee. Skifahren über Weihnachten ist im Hause Schachtsiek eine gut gepflegte Familientradition. Eltern, Geschwister und Partner reisen seit Jahren nach Hochgurgl. „Auf den gemeinsamen Urlaub freue ich mich jedes Mal“, sagt der 26-Jährige. „Wir feiern zusammen ein stressfreies Weihnachten und verbringen zugleich intensiv Familienzeit. In den Bergen hat das nochmal einen besonderen Charakter.“

Nach einem aus sportlicher Sicht überaus erfolgreichen Jahr 2022 mit dem Sieg bei den World Games tut die Pause gut. Der Faustballer des TSV Hagen nutzt den Urlaub zum Abschalten, das Erlebte Revue passieren lassen und Kraft zu tanken. Denn das Jahr 2023 wird nicht weniger ereignisreich. Auf Schachtsiek warten große Herausforderungen – auf ihn als Sportler mit Blick auf die Heim-WM, aber auch auf ihn als Angestellten der Deutschen Faustball-Liga.
Vor knapp vier Wochen hat er den Posten des Leistungssport-Referenten übernommen. Für die DFBL ist das eine wichtige Personalie. Nicht zuletzt, weil sie mit der Schaffung dieser hauptamtlichen Stelle einen weiteren Schritt in Richtung Professionalität geht.

Ole Schachtsiek hat sich viel vorgenommen und möchte dabei helfen, den Faustballsport weiterzuentwickeln. Auch wenn der Karriereplan des 26-Jährigen zunächst etwas anderes vorsah. Nach einem Bachelorstudium in Management und Economics an der Uni Bochum und dem Master in Strategy & Organization an der Uni Witten/Herdecke arbeitete er zuletzt als Assistent des Geschäftsführenden Vorstands der Wifu-Stiftung (Wittener Institut für Familienunternehmen). Einer seiner Schwerpunkte im Studium war „Family Business“.

Das überrascht nicht, denn Vater Dirk Schachtsiek – als Jahrhundertfaustballer und späterer Teammanager der Nationalmannschaft eine bekannte Faustball-Größe – ist Unternehmer. Mittel- und langfristig könnte sich Sohn Ole mit seinem Bruder den Einstieg in den familieneigenen Betrieb gut vorstellen. Vorher aber wollte er als nächsten beruflichen Schritt im Frühjahr 2023 in eine Unternehmensberatung einsteigen. „Doch dann kam Jörn“, entgegnet Schachtsiek schmunzelnd. „Der hatte eine andere Idee.“

Bei den World Games im Sommer sei DFBL-Präsident Jörn Verleger erstmals auf ihn zugekommen. „Wir hatten einen ersten Austausch, es folgten weitere gute Gespräche. Im Laufe der Zeit sind die Vorstellungen, wie diese Stelle aussehen und welche Tätigkeitsschwerpunkte sie haben könnte, dann immer konkreter geworden“, erinnert sich Schachtsiek. „Mich reizt diese Aufgabe sehr.“

Nicht zuletzt aufgrund der WM im Juli habe er sich dann dafür entschieden, das Angebot der DFBL anzunehmen. „In der Beratung und mit den dortigen Arbeitszeiten wäre es schwierig geworden, die eigene sportliche Karriere entsprechend zu fördern. Also habe ich diese Pläne vorerst auf Eis gelegt und freue mich, für eine gewisse Zeit mein Hobby auch beruflich ausüben zu können.“
Die Stelle als Leistungssport-Referent ist zunächst auf ein Jahr befristet – und bringt Schachtsiek in eine spannende Doppelfunktion.

Der Bundesliga-Spieler Ole Schachtsiek. Foto: Uwe Spille

Da ist auf der einen Seite der Faustballer, der seit zehn Jahren in der Bundesliga spielt, dem Nationalteam angehört und amtierender World-Games-Sieger ist. Auf der anderen Seite sitzt er fortan als Leistungssport-Referent mit am Schalthebel und kann die Weichen für die Zukunft seiner Sportart stellen. „Die Stellenbeschreibung sieht die administrative, finanzielle, organisatorische und inhaltlich strategische Unterstützung aller Bundestrainerinnen und Bundestrainer vor“, beschreibt Schachtsiek sein Tätigkeitsfeld. „Indirekt beinhaltet das natürlich auch alle Nationalspielerinnen und Nationalspieler, zu denen ich selbst gehöre.“

Als Problem sieht er das nicht. Im Gegenteil. „Ich sehe das eher als Vorteil. Ich kenne die Athletensicht und weiß um die Bedürfnisse gerade der Nationalspieler. Diese Erfahrung und den engen Austausch wollen wir positiv nutzen.“

Natürlich sei das für alle eine neue Situation – gerade im Umgang mit dem Bundestrainer-Duo Olaf Neuenfeld und Chris Löwe, aber die Zuständigkeiten und Abläufe seien besprochen und klar kommuniziert. „Alle im Team haben einen Job, meiner ist eben etwas näher dran. Ich habe mit beiden Coaches jetzt auch beruflich zu tun und eben nicht mehr nur bei den Nationalmannschafts-Lehrgängen. Für mich ist das kein Thema. Außerhalb der Maßnahmen mit dem Nationalteam ist klar: Wenn wir miteinander sprechen, dann als Leistungssport-Referent und Bundestrainer.“

Es eint sie das Ziel, gemeinsam notwendige Veränderungen einzuleiten. Schachtsiek beschäftigen dabei Fragen wie: Was können wir als DFBL für unsere Athleten tun? „Ich profitiere von meinen eigenen Erfahrungen, gerade dort, wo Dinge vielleicht nicht so klappen“, sagt er.

Der 26-Jährige ist überzeugt: „Mit wenig Aufwand lässt sich für die Sportler ein großer Mehrwert erzielen. Es wird zwar nicht darauf hinauslaufen, dass unsere Athleten und Athletinnen plötzlich Geld für ihren Sport bekommen, aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Strukturen im Leistungssport durchaus professionalisiert werden können.“

Als Beispiel nennt der Bundesliga-Spieler die medizinische Betreuung. Das beinhalte die physiotherapeutische Begleitung der Kaderathleten, aber womöglich auch eine psychotherapeutische. „In diesem Bereich hat sich viel getan, da ist eine gewisse Offenheit entstanden.“ Es gehe auch um Fragen wie die Betreuung von Sportlern nach Verletzungen und die Frage von Wartezeiten bei Spezialisten. Schachtsiek wünscht sich eine strukturelle Verbesserung für die Nationalspielerinnen und Nationalspieler. Die seien der Leuchtturm.

Darüber hinaus gelte es, Konzepte zu erarbeiten, damit Faustball mehr Menschen begeistern kann. Insbesondere Kinder und Jugendliche. „Wir haben mit dem Strategieprozess ,Faustball kann mehr‘ etwas angestoßen, das es mit Leben zu füllen gilt“, sagt Schachtsiek, der helfen will, neue Konzepte im Austausch mit anderen Faustballerinnen und Faustballern zu entwickeln und diese durch eine engere Vernetzung mit der Sportpolitik und der Wirtschaft umzusetzen. Aber um eine Sportart zu entwickeln, brauche es Ressourcen wie Zeit und finanzielle Mittel. Schachtsiek betrachtet es ebenso als seine Aufgabe, „Geld in das System zu holen“, Partner und Unterstützer zu gewinnen. „

Er selbst sieht sich und seine Arbeit eher im Hintergrund. „Ich werde jetzt nicht auf Veranstaltungen präsent sein. Das wird weiterhin im ehrenamtlichen Präsidium passieren. Die Kommunikation nach außen findet durch die Leute statt, die dafür gewählt wurden. Ich leiste im Hintergrund Unterstützung“, betont Schachtsiek.

Für ihn als Spieler wäre es im Juli die erste WM mit dem A-Kader. 2014 gewann er bereits mit der U18 den Titel in Brasilien. „Eine Weltmeisterschaft im eigenen Land ist mit das Größte für einen Sportler“, sagt der 26-Jährige.

Im April ist der erste Lehrgang des Jahres mit der Nationalmannschaft geplant. Zuvor spielt Schachtsiek womöglich mit Hagen bei den Deutschen Meisterschaften in Gärtringen. Aktuell liegt er mit seiner Mannschaft als Tabellenführer jedenfalls auf Kurs. Im Juli dann möchte er um den WM-Titel spielen. „Es gibt die klare Absprache: Bin ich dabei, werde ich während der WM-Woche keine offiziellen Termine haben. Das gilt auch für die DM im März, dort würde ich am Freitagmittag vom Angestellten der DFBL zum Spieler des TSV Hagen wechseln.“

Schachtsiek freut sich auf die besonderen Momente, die das neue Jahr hoffentlich für ihn bereithält. Seine sportlichen und beruflichen Wünsche sind dabei eng miteinander verknüpft: eine erfolgreiche DM-Teilnahme und das Finale der Weltmeisterschaft in der SAP Arena spielen.

Wie es sein muss vor 12.000 Zuschauern Faustball zu spielen, habe er kürzlich bei einem Konzert in Oberhausen in der vergleichbar großen Rudolf-Weber-Arena erahnen können. „Ich musste ehrlich gesagt permanent an die WM denken und wie das wohl werden wird“, sagt Schachtsiek. „Egal ob als Spieler oder Zuschauer. Ich bin sicher: Wir werden großen Spaß haben und der Sportart Faustball hoffentlich weiteren Schwung verleihen.“

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