DM in Brettorf: Wer holt sich den Titel bei den Frauen?

Gibt es für (v.l.) Michaela Grzywatz, Jordan Nadermann und Janna Köhrmann wieder Grund zu Jubeln? Der Ahlhorner SV tritt als Titelverteidiger an. (Foto: Christian Kadgien)

Brettorf (DFBL/ssp). Am Wochenende ist es wieder soweit: Bei den Deutschen Meisterschaften der Männer und Frauen kämpfen in Brettorf jeweils sechs Mannschaften um die nationale Krone. Im Vorfeld wirft Sönke Spille traditionell einen Blick auf die bevorstehenden Duelle.

Quali: Ahlhorner SV – TSV Dennach

Gleich zum Auftakt der DM kommt es zwischen dem Ahlhorner SV und TSV Dennach zur Neuauflage des Vorjahresendspiels. Mehr noch: Beide Teams standen sich erst am vergangenen Wochenende im Champions Cup-Halbfinale gegenüber. Beide Male setzte sich der ASV mit 3:2 durch – das Aufeinandertreffen zum DM-Auftakt dürfte Spannung versprechen.

Ahlhorner SV (2. Nord)

Deutscher Feldmeister 2019 und 2020: Nach den beiden Erfolgen von Kellinghusen treten die Ahlhornerinnen auch in Brettorf als Titelverteidiger an. „Die Bedeutung der beiden Titel in den vergangenen Jahren ist für uns natürlich enorm“, sagt Michaela Grzywatz nicht ohne Stolz. Die Nationalspielerin wechselte 2019 aus Bardowick in die Gemeinde Großenkneten und verleiht dem ASV seitdem noch mehr Sicherheit in der Defensive – und wurde direkt mit den zwei Meistertiteln belohnt. „Wir sind als Team auf allen Positionen über uns hinausgewachsen und immer näher zusammengerückt, wir konnten uns von Spiel zu Spiel steigern, dennoch waren es Überraschungstitel.“ Auch deshalb sehe man sich im Ahlhorner Lager nicht als Titelfavorit. „An einem solchen Meisterschaftswochenende muss man auf den Punkt da sein, ob uns das gelingt, ist Zukunftsmusik und nicht einzuschätzen.“

Immerhin: Die Bundesligasaison verlief ordentlich für die Blau-Weißen. Einzig gegen den TV Jahn Schneverdingen mussten sie sich 1:3 geschlagen geben. Ansonsten machten sie mit sieben Siegen den zweiten Platz im Norden perfekt – und bekommen es im Quali-Spiel mit dem TSV Dennach zu tun. Alles andere als eine einfache Aufgabe. „Mit Dennach wartet am Morgen direkt ein Gegner auf uns, der nur schlagbar ist, wenn wir unser bestes Spiel machen und den Start nicht verschlafen“, sagt Michaela Grzywatz. Aber auch dann werde es eine enorm schwere Aufgabe: „Sicherlich werden die Witterungsbedingungen eine Rolle spielen und welches Team sich besser und schneller an diese Gegebenheiten anpassen kann. Die Mannschaft, die ihre Angreiferinnen in die bessere Position bringen kann, wird am Ende dann als Sieger vom Platz gehen. Zudem wird Kampfgeist ein wichtiger Faktor sein.“ Vielleicht dürfte ja der Center Court von Brettorf noch einmal eine zusätzliche Motivation sein. Denn bei der bisher einzigen Austragung 2004 in Brettorf kämpften sich die Ahlhorner Frauen bis ins Endspiel und setzten sich hier gegen den TV Bretten mit 2:1 durch. Gelingt dieser Erfolg 17 Jahre später noch einmal?

TSV Dennach (3. Süd)

Die Dennacherinnen gehören schon fast zum Inventar bei Deutschen Meisterschaften. Seit 2007 ist die Mannschaft um Angreiferin Sonja Pfrommer bei jeder DM dabei gewesen, gewann in dieser Zeit 17 DM-Medaillen, sieben davon glänzten golden. Noch erfolgreicher als bei den nationalen Titelkämpfen waren die TSV-Faustballerinnen beim Feld-Europacup. Fünf Mal in Folge gewann Dennach den Titel, am vergangenen Wochenende riss die Serie in Diepoldsau. „Jede Siegesserie reißt einmal“, blickt Anna-Lisa Aldinger, Spielertrainerin des TSV, zurück. Nach den vielen Veränderungen im Team seit dem ersten Titelgewinn sei die Serie beeindruckend gewesen – mit Bronze kann man im Kreis Pforzheim aber auch sehr gut leben. „Ich bin mit der Medaille absolut happy und zufrieden. Das Wochenende und die Spiele haben nochmal gezeigt, was man taktisch anders machen kann und Kleinigkeiten ändern sollte“, sagt Aldinger.

Gestoppt wurde die Dennacher Siegesserie durch eine 2:3-Niederlage im Halbfinale gegen den Ahlhorner SV. Und ausgerechnet dieser ASV ist auch der Gegner im Quali-Spiel. Nicht verwunderlich also, dass man im Lager des TSV auf eine Revanche brennt. Zumal auch schon das DM-Finale im vergangenen Jahr gegen die Blau-Weißen 2:3 verloren ging. „Wir haben es selbst in der Hand“, freut sich die Spielertrainerin auf das Duell. Ahlhorn sei eine sehr taktische, erfahrene und kompakte Mannschaft, aber – so Aldinger – nicht unschlagbar: „Wir haben im Halbfinale zwei Sätze sehr gut unser Spiel gespielt und das müssen wir versuchen ganz durchzuziehen.“ Es käme darauf an, um jeden Ball zu fighten, nie aufzugeben und immer an das Positive zu denken. „Dann ist die Revanche auf jeden Fall möglich“, glaubt die deutsche Nationalspielerin. Achja: Und obwohl der TSV Jahr für Jahr bei den nationalen Titelkämpfen antritt – eine Premiere gibt es denn. Zum ersten Mal reisen die Pink Ladies „nur“ als Süd-Dritter zur DM „Die verkürzte Saison war für jeden eine Umstellung“, gesteht Aldinger: „Kleine Ausrutscher darf man sich nicht erlauben, das hat man deutlich in unserer Liga gemerkt. Zu hoch will sie diesen dritten Platz aber nicht bewertet, schließlich sei bei der DM weiterhin alles möglich. „Ein Quali-Spiel hat nicht nur Nachteile“, sagt sie: „Ich gehe da absolut positiv rein und möchte Sonntag noch spielen.“

Quali: TV Segnitz – TV Brettorf

Im zweiten Quali-Spiel kann man vom Duell der beiden „DM-Neulingen“ sprechen. Segnitz nimmt, nach dem Quali-Aus 2019, zum zweiten Mal an einer Feld-DM teil, für Brettorf ist es gar die erste Qualifikation überhaupt auf dem Feld. Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften 2018 und 2019 waren die TVB-Frauen bereits dabei, gewannen in Moslesfehn sogar die Bronzemedaille.

TV Segnitz (2. Süd)

Nur die Niederlage gegen Calw – mehr ließen sich die Segnitzer Faustballerinnen in der verkürzten Bundesligasaison nicht zuschulden kommen. Mehr noch: Neben dem Erfolg gegen den TSV Pfungstadt, der sich im Vorjahr den dritten Startplatz für den Süden geschnappt hatte, bezwang der TVS auch gegen den amtierenden Europacupsieger TSV Dennach und sicherte sich somit erstmals den zweiten Platz in der Südtabelle. „Gerade da wir die Qualifikation letztes Jahr knapp verpasst haben, war die Motivation und der Ehrgeiz für diese Saison umso größer“, blickt Helen Gernet auf die Spielzeit zurück. „Aufgrund der einfachen Spielrunde war der Druck an jedem einzelnen Spieltag noch höher als sonst. Auch wenn es an den Spieltagen zwischendurch immer wieder kurze Aussetzer und dadurch ein paar Satzverluste gab, haben wir stark als Team zusammengespielt.“

Mit Unterstützung der Männermannschaft wurden in Richtung DM zusätzliche Trainingseinheiten eingelegt, auch am Wochenende trainiert. „Der TVS ist eine große Gemeinschaft und wie eine zweite Familie“, sagt Helen Gernet. „Ich bin mit dem Verein aufgewachsen und spiele mittlerweile schon seit über 17 Jahren mit meinen besten Freunden zusammen.“ Insbesondere der Teamgeist werde in der Mannschaft großgeschrieben und gestärkt – trotz der räumlichen Entfernung von Svenja Schröder, Antonia Fuchs und Ursina Sagstetter. „Die gegenseitige Motivation und Unterstützung als Team zeichnet uns aus“, betont Gernet: „Wir kämpfen, gewinnen und verlieren gemeinsam.“ Das wird auch im Quali-Spiel gegen Brettorf nicht anders sein.

TV Brettorf (3. Nord)

Zweimal hatten sich die Brettorferinnen mit Rang drei sportlich für die DM qualifiziert, mussten aufgrund des Ausrichterfreiplatzes des VfL Kellinghusen aber jeweils zurückstecken. In diesem Jahr profitiert die Mannschaft nach einer sehr durchwachsenen Saison von der Wildcard. „Wir haben an keinem der vier Spieltage zu unserem Spiel gefunden. Jeder Einzelne hatte mit seiner Leistung zu kämpfen und auch als Team lief auf dem Platz nicht viel zusammen“, gibt sich TVB-Angreiferin Laura Marofke selbstkritisch. „Wir kennen es schon aus den letzten Jahren, dass wir uns Anfang der Saison oft schwertun. Die kurze Saison und lange Corona-Unterbrechung haben uns also definitiv nicht in die Karten gespielt.“ Umso gelegener kam die sechswöchige Pause zwischen dem letzten Bundesligaspiel und der DM. „Zum einen konnten wir etwas Abstand zur Saison gewinnen und jeder hatte Zeit, an seinen eigenen Defiziten zu arbeiten. Zum anderen bot sich die Gelegenheit, sich durch Trainingsleistungen auch ein positives Gefühl zu holen.“

Neben zusätzlichen Trainingseinheiten und einem Trainingswochenende gab es Testspiele gegen die Bundesliga-Konkurrenz aus Ahlhorn und Moslesfehn – um optimal vorzubereitet sein auf das Spiel gegen Segnitz. „Von den drei DM-Teilnehmern aus dem Süden ist Segnitz sicherlich die große Unbekannte“, gesteht Laura Marofke. Insbesondere von Angreiferin Svenja Schröder, die den TVB mit ihrem Heimatverein TV Eibach bei der Hallen-DM 2018 in Illertissen bezwungen hatte, wisse man aber, dass sie eine unheimlich starke Spielerin ist. „Wir haben uns in der Vorbereitung aber vornehmlich auf uns konzentriert“, so Marofke. „Wichtig wird sein, dass wir unsere eigene Leistung auf den Platz bekommen, uns auf unsere Stärken besinnen, in unser Spiel finden und uns nichts aus Ruhe bringen zu lassen. Wenn uns das gelingt, dann kann es ein Duell auf Augenhöhe werden, in dem es auf die Tagesform ankommen wird.“

Halbfinale: TV Jahn Schneverdingen & TSV Calw

Bereits sicher für die beiden Halbfinals qualifiziert sind der Erste im Norden, TV Jahn Schneverdingen, und der Südmeister TSV Calw. Während es die Heidschnucken mit dem Sieger aus dem Duell Segnitz gegen Brettorf zu tun bekommen, geht es für Calw entweder gegen Ahlhorn oder Dennach.

TSV Calw (1. Süd)

Was für eine starke Bundesligasaison: Acht Siege aus acht Spielen bei einer Bilanz von 24:1 Sätzen stehen für den TSV Calw zu Buche, der damit völlig verdient – nach 2017 und 2019 – zum dritten Mal die Südmeisterschaft und den damit verbundenen Sprung ins Halbfinale geschafft hat. „Anfangs wusste man nicht so genau, wie das Niveau wird und wie das Zusammenspiel innerhalb des Teams funktioniert, weil man ja kaum Spielpraxis in den letzten Monaten hatte“, blickt TSV-Angreiferin Henriette Schell auf den Start der Saison zurück. In dieser Feldrunde habe es das Team aber geschafft, an jedem Spieltag das eigene Leistungsvermögen und -können abzurufen. „Diese Konstanz hat uns in den vergangenen Feldsaison bei dem einen oder anderen Spieltag manchmal gefehlt“, so Schell, die eine große Stärke im ausgeglichenen Kader sieht. In der Tat: An keinem Spieltag liefen die Calwer Löwinnen in der Defensive bei den beiden Begegnungen mit der komplett identischen Aufstellung auf – der Leistung tat das aber keinen Abbruch.

Während defensiv also viele Optionen bestehen, ist die Offensive soweit gesetzt. Nicht verwunderlich, gehörten Henriette Schell und Nebenspielerin Steffi Dannecker doch zum Nationalteam, das Ende Juli den Weltmeistertitel in Grieskirchen gewann. „Wir spielen jetzt schon seit fünf Jahren zusammen. Da ist man natürlich gut aufeinander eingespielt und kann sich gegenseitig unterstützen“, sagt Schell. Dazu würden sie sich als unterschiedliche Spielertypen sehr gut ergänzen. „Ohne Steffi und ihre jahrelange Unterstützung wäre ich wahrscheinlich jetzt nicht da, wo ich bin. Sie hat mir schon während meiner Jugendzeit viel beigebracht.“ Gemeinsam mit ihrem Team wollen Schell und Dannecker nun die erste Finalteilnahme an einer Feld-DM schaffen – denn die blieb dem TSV trotz acht Teilnahmen in Folge bisher verwehrt.

TV Jahn Schneverdingen (1. Nord)

Zum sechsten Mal in Folge tritt der TV Jahn Schneverdingen zu einer Deutschen Feldmeisterschaft an. Souverän sicherten sich die Heidschnucken dabei Platz eins im Norden. „Die Saison lief wirklich gut“, sagt auch Abwehrspielerin Luca von Loh, die mit ihren Teamkolleginnen Theresa Schröder und Hinrike Seitz Ende Juli den Weltmeistertitel mit dem Nationalteam gewann. Trainerin Tine Seitz schaffte es auch, insbesondere beim Überangebot an Top-Spielerinnen in der Abwehr allen ihre Einsatzzeiten zu geben. Nicht ganz einfach, bei fünf Spielerinnen des 14er-Frauenkaders und zwei U18-Weltmeisterinnen und nur drei Plätzen auf dem Feld. „Wir konnten befreit aufspielen und fühlen uns durch die Spieltage gut vorbereitet auf die Deutsche Meisterschaft“, sagt Luca von Loh.

„Wir hoffen nun natürlich unsere volle Leistung auf der Deutschen Meisterschaft abrufen zu können, gemeinsam in einen richtig guten Spielflow zu kommen und geilen Faustball zu spielen“, gibt sich die Jahn-Abwehrspielerin optimistisch. Nicht verwunderlich, schließlich stand Schneverdingen bei den vergangenen fünf Feld-DM-Austragungen immer auf dem Podest, gewann 2016 (Bredstedt) und 2017 (Moslesfehn) jeweils den Titel. Zuletzt aber gelang dem Team aus dem Heidekreis nicht mehr der ganze große Wurf. Zweimal kehrte man mit Silber, einmal mit der Bronzemedaille von der DM zurück. „Dieses Jahr wird es darauf ankommen, dass wir gemeinsam als Team auf dem Feld stehen und eine Einheit bilden“, fordert Luca von Loh deshalb. „Wenn wir alle zusammen, jeder für jeden spielen, dann können wir richtig gut in die Meisterschaft finden.“ Und vielleicht auch wieder ganz oben auf dem Podest jubeln.

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