DM in Brettorf: Spannung bei Männer-Titelkampf?
Brettorf (DFBL/aga/ssp). Die Jagd ist eröffnet: Wenn am Wochenende die sechs besten nationalen Männerteams bei der Deutschen Meisterschaft in Brettorf antreten, dann heißt es wieder „Wer kann den TSV Pfungstadt vom Thron stoßen“? Der TV Unterhaugstett war im vergangenen Jahr im Endspiel ganz dicht dran, 2021 sind es nun fünf andere Vereine, die alles daran setzen. Andreas Gruber und Sönke Spille werfen einen Blick auf die DM-Teams der Männer.
Quali: TV Brettorf – TV Käfertal
TV Brettorf
Es war ein ehrgeiziges Ziel, das sich die Brettorfer zu Saisonbeginn gesetzt hatten. Nach der verpassten DM-Qualifikation im Vorjahr schielte die Mannschaft von Trainer Klaus Tabke im Jahr der Heim-DM sogar in Richtung Nordmeisterschaft. „Mit dem damit verbundenen Halbfinaleinzug hätten wir schon im Vorfeld sicher an beiden Tagen unserer DM gespielt“, erklärt Hauke Spille. Doch schon nach dem ersten Spieltag ließ sich feststellen, dass der Rhythmus und Automatismen während der coronabedingten Pause deutlich mehr als erwartet verloren gegangen war. Und: Eine Steigerung zum nächsten Spieltag war zunächst nicht erkennbar. „Wir konnten über die Saison leider nicht immer das zeigen, was wir eigentlich können“, sagt Spille. Immer wieder hatte die junge Mannschaft mit Abstimmungsproblemen und Fehlern zu kämpfen, die ihnen zuvor nicht unterlaufen waren. „Immerhin haben wir die DM-Qualifikation auch rein sportlich geschafft. Das war uns wichtig.“ Dazu sei der letzte Spieltag spielerisch ein Schritt in die richtige Richtung gewesen.
Seitdem läuft die Vorbereitung auf die DM – unterbrochen noch durch die Europameisterschaft der U21-Junioren. Mit Hauke Rykena, Vincent Neu, Tom Hartung und Hauke Spille stellte der TVB gleich vier Spieler, die in Grieskirchen den EM-Titel gewannen. „Das war für uns natürlich die Chance, sich noch einmal auf höchstem Niveau zu messen“, sagt Hauke Spille. Dazu wurden zusätzliche Trainingseinheiten eingelegt, Trainingsspiele bestritten. „Wichtig war und ist es, sich als Team wieder richtig einzuspielen.“ Den TV Käfertal, Gegner im Quali-Spiel, wollen die Brettorfer auf keinen Fall unterschätzen. 2Ich glaube die Qualität, die Käfertal hat, ist unbestritten – insbesondere mit Nick Trinemeier und Marcel Stoklasa im Angriff“, erzählt der TVB-Zuspieler. Wichtig werde es für seine Mannschaft sein, dass jeder aus dem Team 100 Prozent abruft. „Wir müssen von Beginn an hellwach und konzentriert sein, auch wenn wir wissen, dass es eine schwere Angelegenheit wird.“ Das merkten die Brettorfer bereits bei der Hallen-DM 2019, als Käfertal die Schwarz-Weißen bei der eigenen Heim-DM in der Vorrunde aus dem Rennen warfen. „Da ist doch klar“, schmunzelt Hauke Spille, „dass wir bei unserer Heim-DM noch eine Rechnung offen haben.“
TV Käfertal
Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften hat der TV Käfertal von 2017 bis 2020 in eigener Halle mit drei Podestplätzen bereits auf sich aufmerksam gemacht. Auf dem Feld klappte es dagegen noch nicht mit der DM-Qualifikation – bis jetzt. „Man kann den Saisonverlauf auf jeden Falls als Erfolg verbuchen“, sagt TVK-Spieler Marcel Moritz. „Es ist die erste Qualifikation zu einer Feld-DM und damit haben wir unser Saisonziel erreicht.“ Am Spieltag der Meisterrunde im Süden hatten die Käfertaler dabei sogar noch alle Chancen auch mit Rang eins nach Brettorf zu reisen. „Wir haben in den entscheidenden Situationen die Kaltschnäuzigkeit vermissen lassen“, sagt Moritz. Gleich am ersten Spieltag hatte der TVK mit einer weißen Weste auf sich aufmerksam gemacht und dort auch Seriensieger TSV Pfungstadt geschlagen. Moritz: „Wir haben gezeigt, dass wir jeder Mannschaft Probleme bereiten können.“
Das wollen sie auch dem TV Brettorf im Quali-Spiel. Im Vorfeld der DM wurde dafür das Training noch einmal angezogen, ehe man sich am Freitag auf den Weg in Richtung Norden macht. „Die Mannschaft steht geschlossen wie nie und hat auch auf der Bank Alternativen, wenn diese benötigt werden“, sagt Christoph Moritz. „Wir freuen uns auf eine hoffentlich unvergessliche DM in Brettorf und wollen unser Ziel, das Halbfinale, auf jeden Fall erreichen. Auch, wenn wir dafür den Ausrichter schlagen müssen.“
Quali: TSV Calw – Berliner TS
TSV Calw
Nach einem Jahr Abstinenz ist der TSV Calw zurück auf der Bühne der nationalen Titelkämpfe. Nach 2018 und 2019 hat sich die Mannschaft wieder für die DM qualifiziert. Und wie: Mit einer kompakten Mannschaftsleistung musste sich der TSV in der Bundesligasaison nur in den beiden Duellen gegen Südmeister Pfungstadt geschlagen geben. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass wir gleich wieder vorne mit dabei sind“, sagt TSV-Abwehrspieler Philipp Kübler, der den guten Saisonverlauf bestätigt. „Ich denke, die beiden Spiele gegen Pfungstadt kann man verlieren.“
Er selbst war bei bisher beiden DM-Auftritten der Calwer dabei, die mit unterschiedlichen Eindrücken endeten. „Die DM in Ahlhorn werde ich nie vergessen, da sie unsere erste war und wir dort direkt die Bronzemedaille gewonnen haben“, erzählt Kübler. Ein Jahr später, 2019, war gegen den TSV Hagen bereits im Quali-Spiel Endstation. Das soll gegen die Berliner Turnerschaft nicht ein weiteres Mal passieren. „Wir kennen die Berliner kaum, aber man darf sie auf jeden Fall nicht unterschätzen“, warnt Philipp Kübler: „Sie hören nicht auf zu spielen und geben auch nicht auf, sie kämpfen um jeden Ball. Wir müssen von Anfang an konzentriert sein und unser Spiel machen, dann haben wir gute Chancen zu gewinnen.“
Berliner TS
Die Berliner Turnerschaft scheint Gefallen gefunden zu haben an Deutschen Meisterschaften. Nach der etwas überraschenden Teilnahme im vergangenen Jahr präsentierten sich die Hauptstädter auch in dieser Spielzeit wieder stark, gewann gegen die zwei weiteren DM-Teilnehmer aus dem Norden, Hagen und Brettorf, jeweils einmal. Damit platzierte sich das Team von Trainer Norbert Nest in einem engen Duell knapp vor Stadtrivale VfK in der Tabelle. „Nachdem wir gut in die Saison gefunden haben und uns schon früh vorne in der Tabelle positionieren konnten haben wir natürlich die DM im Blick gehabt“, sagt BTS-Angreifer Timon Lützow. Auch durch einige kleine Leistungsschwankungen wurde es noch einmal brenzlig und ziemlich spannend – bis zum letzten Spieltag, bei dem die Berliner über 14 von 15 möglichen Sätze gehen mussten. „Am Ende war die Freude natürlich riesig und überwiegt definitiv gegenüber der schwankenden Leistung zum Saisonende“, so Lützow, der im August in Jona auch sein Debüt im A-Kader der Nationalmannschaft gab.
„Die erneute Quali ist für uns in erster Linie die Bestätigung des letzten Jahres und zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, konstatiert der Angreifer, der die Mannschaft noch nicht in der Liga-Spitze sieht. „Dafür müssten wir erst noch über fünf Gewinnsätze zeigen, dass wir konkurrenzfähig sind. Zudem steht im Winter noch eine Saison in der 2. Bundesliga vor uns, wo uns mit dem Aufstieg eine völlig andere Zielstellung erwartet.“ Vorher aber steht noch das Highlight Deutsche Meisterschaft auf dem Plan – die möglichst nicht, so wie in Kellinghusen, nach einem Spiel enden soll. „Wenn wir gegen Calw antreten, rechnen wohl die meisten mit einem Sieg der Calwer“, glaubt Timon Lützow. „Daher können wir wieder ohne großen Druck in unser zweites DM-Spiel gehen. Um Calw zu schlagen, brauchen wir auf jeden Fall eine konstantere Leistung als zuletzt und müssen über die volle Distanz fokussiert bleiben.“
Halbfinale: TSV Hagen 1860 & TSV Pfungstadt
TSV Hagen 1860
Viel hatte nicht gefehlt bei der Feld-DM 2019 in Kellinghusen, dass der TSV Hagen sich eine DM-Medaille schnappt. Doch sowohl im Halbfinale gegen Pfungstadt, als auch im Spiel um Platz drei gegen Schweinfurt-Oberndorf musste sich der TSV knapp geschlagen geben. Nach dem Vorrunden-Aus unter dem Hallendach 2020 nehmen die Sechziger in Brettorf nun den nächsten Anlauf in Richtung Edelmetall. Eine wichtige Hürde ist mit dem Nordmeistertitel – dem ersten auf dem Feld seit 1999 – dabei schon geschafft: der Halbfinaleinzug. „Wir sind natürlich stolz auf das Endresultat“, sagt Angreifer Philip Hofmann. „Es zeigt uns, dass wir durch gutes Training und geschlossene Teamleistung auf dem richtigen Weg sind. Auch wenn wir wissen, dass die Leistung speziell am letzten Spieltag, Luft nach oben lässt.“
Für die DM-Vorbereitung ging es für einen Teil der Mannschaft zu Turnieren in die Schweiz und am vergangenen Wochenende nach Diepenau – ansonsten bereitet das erfahrene Trainer-Trio um Hartmut Maus, Dirk Schachtsiek und Andreas Schmitz die Spieler bei den Trainingseinheiten auf die nationalen Titelkämpfe vor, die eine Besonderheit für alle bedeutet. „Wir waren noch nicht in der Situation, direkt im Halbfinale zu stehen“, sagt Hofmann, der mit Voerde 2017 die DM-Silbermedaille gewann. „Bei jeglichen anderen Deutschen Meisterschaften hatte man das Quali-Spiel, um sich an die Atmosphäre und den Rasen zu gewöhnen. Dies fällt nun weg.“ Es werde deshalb darauf ankommen, von Anfang an ins Spiel zu finden und die bestmögliche Leistung abzurufen. „Fehler werden bei dem hochklassigen Teilnehmerfeld direkt bestraft“, warnt Philip Hofmann.
TSV Pfungstadt
Seit gefühlt zehn Jahren musste die Mannschaft in einem Bundesligaspiel eine Niederlage hinnehmen. Das schien die Mannschaft entsprechend anzuspornen, eine Schippe draufzulegen. Am Qualifikationsspieltag auf der heimischen Anlage ließen die Ballartisten aus Pfungstadt dann nichts anbrennen und sicherten sich die „Südkrone“. Die Mannschaft ist nach wie vor, das Maß der Dinge. Auch wenn erst spät mit dem Mannschaftstraining begonnen werden konnte. Ist die Abwehrkette um Ajith und Andrew Fernando, Sebastian Thomas, Jonas Schröter, Hendrik Vetter und Alexander Schmidt stets Herr der Lage. Dort wird in jedem Spielzug schon der Grundstein gelegt, um den Gegenangriff erfolgreich einzuleiten. Keine andere Mannschaft hat solch eine Variabilität und kann aus fünf bis sechs Spielern frei rotieren.
Vorne im Angriff gibt es nichts „Neues“ – Patrick Thomas mit seiner Schlaghärte und seiner Athletik setzt national wie auch internationale weiter Maßstäbe. Am Wochenende vor der DM fand der European Champions Cup in Vöcklabruck statt, man konnte zwar unter Wettkampfbedingungen den Spielbetrieb testen, allerdings sind die Pfungstädter „nur“ mit der Bronzemedaille nach Hause gekehrt.
„Insgesamt haben wir uns extrem schwergetan, in das Turnier hineinzufinden“, sagte Jonas Schröter. Personell etwas geschwächt gelang es, erst später stärker aufzuspielen. „Auch im Halbfinale gegen Vöcklabruck waren wir ja mit 2:1 in Führung. Es war wirklich ein 50:50-Spiel, auf dem Niveau entscheiden dann meistens nur Kleinigkeiten“, blickt Schröter zurück. „Ich denke, dass wir einen Riesenvorteil haben, weil wir uns unter Wettkampfbedingungen jetzt perfekt für die DM einspielen konnten“, vermutet er – und blick auf die DM: „Zunächst sind wir erstmal gespannt gegen welche Mannschaft wir im Halbfinale antreten dürfen. Ich bin relativ sicher, dass das Duell zwischen Käfertal und Brettorf eine packende Partie ist. Unser Ziel kann es natürlich nur sein den Titel wieder zu gewinnen. Gerade jetzt nach dem 3. Platz beim Champions Cup brennen wir darauf uns zum Abschluss der Feldsaison immerhin einen Titel zu sichern.“
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