Das große Abschiedsinterview mit Bundestrainerin Silke Eber

Ein ganz besonderes Trainerteam: Silke Eber (r.) und ihre Co Eva Krämer (Foto: Spille)
Verfasst am 3. September 2022
Allgemein

Brettorf (DFBL/bec). Das ist wirklich das Ende einer Ära: Am Rande der DM-Endrunde von Brettorf wurde neben den langjährigen Spielerinnen Hinrike Seitz, Anna-Lisa Aldinger und Annika Bösch auch Bundestrainerin Silke Eber verabschiedet. Nach vier WM-, 5 EM und am Ende auch noch einem World-Games-Titel hat sie ihren Rückzug erklärt. Im Großen Abschiedsinterview mit der DFBL blickt Silke Eber noch einmal zurück auf eine sprichwörtlich goldene Ära.

Silke, kannst du dich noch an die Anfänge deiner Bundestrainerin-Karriere erinnern? Wie ging es damals los?

Silke Eber: „2004 hat mich Sabine Carle gefragt, ob ich nicht die neu gegründete U21-Nationalmannschaft trainieren möchte. Im Jahr 2005 war ich dann als Co-Trainerin zum ersten Mal bei der EM in Salzburg bei den Frauen mit dabei. Nach dem Rücktritt von Sabine im Jahr 2006 bei den Frauen wurde ich dann gefragt, ob ich nicht die Frauen trainieren möchte. Da habe ich gar nicht so lange überlegt und zugesagt.“

War rückblickend gesehen die Heim-WM von Dresden der Höhepunkt? Und war dieser erste auch der schwerste Titel?

„Die WM in Dresden war zweifelsohne für uns alle etwas ganz Besonderes, zumal es für uns der erste WM-Titel war und dann auch noch zu Hause, das ist immer eine ganz außergewöhnliche Geschichte. Ob es der schwierigste Titelgewinn war, möchte ich im Nachhinein nicht sagen wollen. Wir waren in Dresden nicht der Topfavorit, das war damals Österreich. Wir hatten von 2009 bis 2013 immer die wichtigen Spiele gegen Österreich oder Brasilien verloren und in dieser Zeit auch keine Titel gewinnen können. Insofern war es natürlich ein schwieriger Weg, umso schöner aber, dass wir es zu Hause vor damals 3000 Zuschauern geschafft haben, den WM-Titel zu gewinnen.“

Als Außenstehender  hatte man immer das Gefühl, der Frauenkader ist eine eingeschworene Gemeinschaft, fast eine Familie – war das das große Erfolgsgeheimnis?

„Sicherlich ein Erfolgsgeheimnis von dieser besonderen Geschichte. Die Spielerinnen waren und sind nicht nur herausragende Faustballerinnen sondern auch tolle Charaktere. Es waren immer eine Wertschätzung, ein großes Vertrauen, Respekt und eine gemeinsame Leidenschaft, Titel gewinnen zu wollen in einem außergewöhnlichen Maß vorhanden. Die Spielerinnen konnten sich aufeinander verlassen und ich auch auf die Spielerinnen, da wächst dann auch ganz automatisch ein Team zusammen und es entstehen Freundschaften.“

Was wird Dir den. rückblickend ganz besonders in Erinnerung bleiben?

„Viele Dinge bleiben in Erinnerung, natürlich allen voran die Titelgewinne, die anschließenden Feiern und Reisen, das sind schon Sachen, die natürlich präsent bleiben werden. Aber es sind auch ganz viele andere Momente, an die ich denke, die auch nicht unbedingt auf dem Faustballplatz stattfanden und mir ewig in Erinnerung bleiben werden.
Ein ganz spezieller Moment fand für mich auch im World-Games-Finale statt. Mit Hinrike und Anna-Lisa kämpften zwei außergewöhnliche Zuspielerinnen immer um diesen einen Platz in der Mitte und es war für mich immer ganz besonders schwer, einer Spielerinnen sagen zu müssen, Du spielst das Halbfinale oder Finale. Beide hatten herausragende Fähigkeiten, es gab da leistungstechnisch kaum Unterschiede. Aber eine Spielerin musste immer in den Finalspielen pausieren. Beide Spielerinnen haben die Entscheidungen immer respektiert, angenommen und sich auch total über die Leistung der Anderen gefreut. Das hat es mir in diesen schwierigen Momenten immer auch einfacher gemacht. Umso schöner war es dann, dass im allerletzten Spiel der beiden Spielerinnen im Nationaldress im Finale von Birmingham beide Spielerinnen gleichzeitig auf dem Platz standen und den Titel gewinnen konnten. Das war für mich ein sehr schöner und ganz besonderer Moment, weil ich mich für beide auch sehr gefreut habe.“

Eine tolle Truppe: Die World-Games-Siegerinnen verabschieden ihre Trainerin Silke Eber. (Foto: DFBL/Uwe Spille)

Gibt es vielleicht Anekdoten, die man jetzt ja auch verraten könnte?

„Anekdoten gibt es viele, viel mehr als Titel, die wir gemeinsam gewinnen durften. Die Spielerinnen haben mir ja zum Abschied ein gemeinsames Wochenende in der Pfalz geschenkt, da werden wir mal alle Geschichten auspacken und niederschreiben. Da wir sicherlich ein Meisterwerk entstehen. Mal sehen, ob wir dann das ein oder andere noch preisgeben werden.“

Inwieweit bleibst du dem Frauen-Faustball treu? Bist du auch in die Suche der Nachfolger involviert?

„Jetzt werde ich erst einmal Pause machen. Es gibt ein paar Dinge in meinem Umfeld, auf die ich derzeit meine ganze Energie konzentrieren muss. Danach wird man sehen. Für mich wird Faustball immer einen Platz in meinen Leben haben, mal sehen, was in Zukunft passieren wird. Aktuell habe ich aber noch nichts geplant. Ich habe mit Steffi Dannecker bei der DM in Brettorf über ein paar Dinge bezüglich der Nachfolgersuche gesprochen. Wir tauschen uns da aus, aktuell ist aber dahingehend noch keine Entscheidung getroffen.“

Was wird aus Deiner Co-Trainerin Eva und dem weiteren Staff?

„Ich hoffe, dass Eva und Miriam weitermachen werden. Ich habe klar signalisiert, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, das Eva auch weiterhin eine tragende Rolle im Trainerteam spielen sollte. Sie hat eigentlich alle Voraussetzungen, um ein Team erfolgreich führen zu können. Aber  da wird man noch Gespräche führen müssen. Wichtig wird sein, dass ein Trainer- und Betreuerteam entsteht, das harmoniert und sich versteht. Das ist entscheidend für eine erfolgreiche Arbeit.“

Was wünscht Du Deinen Nachfolgern und den Spielerinnen?

„Es war mir immer sehr viel wert, dass sich die Spielerinnen gefreut haben, wenn es zu Lehrgängen oder Meisterschaften mit dem Nationalteam ging. Ich glaube auch, dass uns das gelungen ist, die Spielerinnen haben sich immer auf diese Events gefreut. Ich wünsche meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger, dass er genauso viel Spaß und Freude an dieser Arbeit hat. Eines kann ich sagen, es steht eine herausragende Mannschaft mit mittlerweile auch vielen jungen Talenten zur Verfügung. Die Aufgabe wird sehr spannend sein und die Arbeit mit den den Spielerinnen wird auch ganz viel Spaß machen.“

Silke, vielen Dank für das Gespräch – und ganz besonders für die zurückliegenden, wahnsinnig erfolgreichen Jahre!

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