Bundestrainer Olaf Neuenfeld im EM-Interview: „Wir sind etwas unberechenbarer – ich erwarte spannende Spiele auf hohem Niveau“

Olaf Neuenfeld (Foto Moritz Kaufmann)
Verfasst am 19. August 2024
Allgemein Nationalkader Männer A

Am Mittwoch startet die Deutsche Faustball-Nationalmannschaft der Männer in die anstehende Europameisterschaft, die vom 21. bis 24. August in Frauenfeld (Schweiz) stattfindet. Bei den vergangenen vier Austragungen hat Deutschland jeweils den Titel gewonnen. Doch: Anders als in den Vorjahren hat sich das Gesicht des Teams maßgeblich verändert. Weiterhin an Bord ist Bundestrainer Olaf Neuenfeld. Er spricht im großen EM-Interview über das neu zusammengestellte Team, den jüngsten Lehrgang mit Nominierung, das Zusammenspiel mit Co-Trainer Chris Löwe, die EM-Konkurrenz und die gesteckten Ziele.

Olaf, seit fast 20 Jahren leitest du die Geschicke des deutschen A-Kaders der Männer. In wenigen Tagen startet in Frauenfeld (Schweiz) die Faustball-Europameisterschaft, die neunte deiner Laufbahn als Trainer des A-Kaders. Verspürst du vor der Veranstaltung noch eine gewisse Anspannung?

Olaf Neuenfeld: Auch wenn nach so langer Zeit eine gewisse Routine eingetreten ist, so ist doch jede EM und jedes Event anders und spannend. Die Anspannung spüre ich auf jeden Fall. Wenn das Kribbeln eines Tages nicht mehr da ist, höre ich auf. Aber noch ist das Kribbeln da :-).

Nicht nur für dich, auch für Chris Löwe, der dich seit deinem Beginn als Co-Trainer an der Seitenlinie unterstützt, ist es bereits die neunte Europameisterschaft. Inwieweit kann man zwischen euch von blindem Vertrauen sprechen?

Olaf Neuenfeld: Wir können uns da kaum gegenseitig überraschen. Wir sind so eingespielt und die Abläufe und Aufgaben klar, da brauchen wir gar nicht mehr viel reden. Lediglich bei der Aufstellung und Taktik vor jedem Spiel setzen wir uns intensiv zusammen. Da ist jedes Spiel, jeder Gegner und auch unsere eigene Mannschaft immer unterschiedlich und neu zu bewerten und kein Spiel ist wie das andere. 

Wie wichtig ist das Zusammenspiel mit ihm für dich in deiner Arbeit, wie sind die Aufgaben zwischen auch aufgeteilt?

Olaf Neuenfeld: Für mich ist Chris extrem wichtig. Alleine könnte ich das gar nicht machen. Ich bin für die gesamte Organisation der Lehrgänge und Events und für alle administrativen Dinge zuständig. Das halte ich von Chris möglichst fern da er weniger Zeit dafür hat. Den sportlichen Teil beim Training teilen wir uns gleichmäßig auf, damit die Spieler nicht immer die selbe Stimme hören müssen, ebenso bei den Auszeiten und Satzpausen. Da spricht manchmal auch nur Chris und ich höre zu. 

Gemeinsam habt ihr auch die Vorbereitung auf die EM bestritten, die in diesem Jahr etwas anders aussah als in der Vergangenheit. Eineinhalb Wochen vor dem EM-Start habt ihr euren Kader bekanntgegeben. Wie hast du den Nominierungsprozess erlebt?

Olaf Neuenfeld: Aufgrund der Termindichte waren wir gezwungen, den zweiten Lehrgang erst kurz vor der EM zu machen. Das ist für uns unüblich, aber als positiven Aspekt nehmen wir mit, dass wir die aktuelle Form höher bewerten können als sonst. Wir haben an beiden Lehrgängen alle Spieler gesehen und haben nun einen recht guten Überblick über unseren „neuen“ Kader.

Euer letztes Trainingslager habt ihr eine halbe Woche lang in der Schweiz absolviert, konntet euch somit auch kurz vor der EM noch gemeinsam auf das Event vorbereiten. Wie hast du die Tage mit den verschiedenen Turnierteilnahmen erlebt?

Olaf Neuenfeld: Wir haben viele Wettkampfsituationen mit vielen Spielen gegen andere Mannschaften bestreiten können. Das ist für die Spieler immer spannender als nur unter sich zu trainieren und für uns hat es den Vorteil, dass wir die Situation ähnlich wie bei einem Event haben. Wir haben den Fokus auf das Zusammenspiel in verschiedenen Mannschaften und Konstellationen gelegt. So konnten wir viel ausprobieren und sind gut vorbereitet.  

Knapp einen Monat nach der DM – dem nationalen Saisonhighlight – folgt für euch nun die EM. Inwieweit passt die Formkurve im Team?

Olaf Neuenfeld: Die DM war für mich einigermaßen ernüchternd, da bis auf Philip Hofmann vom TSV Hagen alle anderen Kadermitglieder eine Medaille verpasst haben. Gerade von Brettorf und Vaihingen/ Enz, die mit 5 Spielern die Hälfte unseres EM-Kaders stellen, hatte ich mir mehr versprochen. Aber die Formkurve ging beim letzten Lehrgang bei allen Spielern deutlich nach oben und wir fahren mit einem guten Gefühl zur EM.

Aus dem Weltmeisterkader 2023 in Mannheim sind mit Philip Hofmann, Johannes Jungclaussen (Angriff), Jaro Jungclaussen (Zuspiel), Jakob Kilpper und Oliver Kraut (Abwehr) genau die Hälfte verblieben, hinzu kommen – neben den Rückkehrern Maximilian Lutz (EM 2022) und Felix Klassen (World Games 2022) – mit Timon Lützow (Angriff), Hauke Spille (Zuspiel) und Tom Hartung (Abwehr) auch drei Debütanten bei einem internationalen Event mit dem deutschen A-Kader. Was macht das Team aus, kann man das vor dem Turnier schon sagen?

Olaf Neuenfeld: Ich denke, wir haben einen sehr breiten und ausgeglichenen Kader. Hier ist kein Spieler in der Startformation gesetzt und wir haben viele Optionen, zu wechseln. Das macht uns etwas unberechenbarer als in den letzten Jahren und ich bin selbst sehr gespannt, was wir erreichen können. An Motivation und Einsatzbereitschaft wird es uns sicher nicht mangeln.  

Mit den Abschieden von langjährigen Leistungsträgern im Nationaltrikot war in der Öffentlichkeit immer wieder von einem großen Umbruch zu hören. Wie groß siehst du diesen Umbruch innerhalb des Teams, inwieweit gibt es neue Rollen, die zu verteilen waren?

Olaf Neuenfeld: Klar ist der Umbruch enorm. Spieler wie Patrick Thomas und Fabian Sagstetter sind nicht eins zu eins zu ersetzen. Aber wir wollen mannschaftlich geschlossen auftreten und als Kollektiv zum Erfolg kommen. Die Verantwortung wird gleichmäßiger verteilt werden und jeder muss sich hier einbringen.  

Am Mittwoch startet ihr gegen Italien in die Europameisterschaft, danach folgen am Donnerstag die Duelle gegen Österreich und die Schweiz. Wie schätzt du eure drei Gruppengegner ein? Worauf wird es ankommen, um sich gleich in der Vorrunde eine gute Ausgangsposition für den weiteren Turnierverlauf zu verschaffen?

Olaf Neuenfeld: Wir kennen alle drei Gegner sehr gut und haben vor allen Respekt. Gegen Österreich und die Schweiz haben wir in diesem Jahr in den Testländerspielen gewonnen, wobei wir es realistisch einschätzen und nicht überbewerten wollen. Wir starten im ersten Spiel gegen Italien und sehen dann im Laufe der EM weiter. Wer dann der Gegner im Halbfinale sein wird können wir nur bedingt beeinflussen. Wir nehmen es so wie es kommt. 

Seit der EM 2014 in Olten (Schweiz) habt ihr die letzten vier Europameisterschaften allesamt gewonnen. Wie schwer wird es, diese Siegesserie fortzusetzen? Mit welcher Zielsetzung startet ihr in die Faustball Euro 2024? 

Olaf Neuenfeld: Wie auch bei den letzten Turnieren wird es wieder sehr schwer werden, ganz oben auf dem Treppchen zu stehen. Österreich ist der hohe Favorit und die Schweiz durch den Heimvorteil ebenfalls ganz vorne zu erwarten. Dahinter sind Italien und wir in Lauerstellung und wollen die beiden gerne etwas ärgern. Wir fahren aber nicht nach Frauenfeld, um Fotos und Autogramme zu holen, sondern um auch ganz vorne ins Titelrennen einzugreifen. Vom Platz 1 bis 4 ist alles möglich. Ich erwarte spannende Spiele auf hohem Niveau. 

Die Faustball-Euro 2024

Die Faustball-Europameisterschaft der Männer findet vom 21. bis 24. August in Frauenfeld (Schweiz) statt. Eine Faustball-EM der Männer wird findet somit zum siebten Mal in der Geschichte in der Schweiz statt. Bei der letzten Austragung 2014 in Olten gewann Deutschland den EM-Titel, ließ in den Jahren danach drei weitere folgen und tritt somit in Frauenfeld als Titelverteidiger an. Alle Begegnungen werden auf der Sportanlage Kleine Allmend ausgetragen.

Der Spielplan

Neben Deutschland nehmen auch Österreich, die Schweiz, Italien, Dänemark, Serbien, Tschechien, Belgien und Polen. Somit treten neun Mannschaften zur Europameisterschaft an.

Deutschland trifft in der Vorrunde auf Italien (Mittwoch, 17.30 Uhr), Österreich (Donnerstag, 15.30 Uhr) und Gastgeber Schweiz (19.30 Uhr). Alle vier Teams der Vorrundengruppe A werden ins Viertelfinale am Freitag (14 bzw. 15.15 Uhr) einziehen. Die Halbfinalspiele sind ebenfalls am Freitag (18 bzw. 19.30 Uhr) angesetzt. Am Samstag finden dann die Platzierungsspiele statt. Das Bronze-Match ist für 16 Uhr terminiert, das Endspiel beginnt um 17.30 Uhr.

Der deutsche Kader

Angriff:
Philip Hofmann (TSV Hagen 1860)
Timon Lützow (Berliner Turnerschaft)
Johannes Jungclaussen (TV Vaihingen/Enz)
Maximilian Lutz (TV Schweinfurt-Oberndorf)

Zuspiel:
Jaro Jungclaussen (TV Vaihingen/Enz)
Hauke Spille (TV Brettorf)

Abwehr:
Tom Hartung (TV Brettorf)
Jakob Kilpper (TV Vaihingen/Enz)
Felix Klassen (TV Käfertal)
Oliver Kraut (TV Waldrennach)

Trainerteam:
Olaf Neuenfeld (Bundestrainer)
Christian Löwe (Co-Trainer)
Dr. Andreas Schmitz (Teamarzt)
Ralf Klein (Teammanager)

Die Spiele im Livestream

Alle Spiele auf dem Center Court (darunter alle Vorrundenspiele von Team Deutschland, Halbfinals und Platzierungsspiele) werden im Livestream auf Swiss-Sport.TV (https://swiss-sport.tv/zukuenftige-events/) und YouTube (https://www.youtube.com/@swissfaustball9314/streams) übertragen.

Auf dem Laufenden bleiben

Die aktuellen Ergebnisse der Faustball Euro 2024 sind auf faustball.com (https://www.faustball.com/#/contest/6801/competition) zu finden. Faustball Deutschland wird dazu auf seiner Homepage und Social Media über die Veranstaltung und die Erfolge der Nationalmannschaft berichten.

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