Wie zwei Pfungstädter eine Faustball-Begeisterung in Birmingham entfachen
Pfungstadt/Birmingham (DFBL/ssp). Während in Deutschland gerade die Deutschen Hallenmeisterschaften gestartet sind, haben Patrick und Sebastian Thomas (TSV Pfungstadt) Ende Februar bereits einen kleinen Blick auf die anstehende Spielzeit auf dem Feld gewagt. Im Vorfeld der World Games im Juli 2022 waren sie Teil eines Pre-Events in Birmingham. Im Interview des Monats berichten sie von ihren Erfahrungen.
Patrick und Basti, ihr seid am letzten Februar-Wochenende in Birmingham – der Gastgeberstadt der World Games 2022 – gewesen. Wie habt ihr die Tage erlebt?
Patrick Thomas: Wir waren von Freitag bis Sonntag vornehmlich für ein Trainingscamp dort. Man kann schon sagen, dass es ziemlich anstrengend war, an den vielen Besprechungen teilgenommen, Interviews gegeben und Trainings durchgeführt zu haben. Es war aber auch sehr spannend, aufregend und hat enorm viel Spaß gemacht sich mit den Leuten vor Ort auszutauschen. Eine große Freude war auch die Anleitung der beiden Trainings für die Männer- und Frauennationalmannschaft der USA, sowie das Volunteers-Training.
Sebastian Thomas: Das stimmt. Die Tage in Birmingham waren super intensiv und anstrengend. Über die gesamte Zeit hatten wir wenig Schlaf, weil die Tage mit Trainingseinheiten, Planung von Training, Feldbau, Interview-Terminen und dem Drehen von Videos vollgepackt waren. Trotzdem hat es mit den beiden amerikanischen Nationalteams, den Verantwortlichen der World Games, Helferinnen und Helfern und allen Beteiligten unglaublich viel Spaß gemacht. Es war ein super Erlebnis.
Ihr habt schon gesagt, dass eine Menge Faustball für euch auf dem Programm stand. Was ist euch besonders in Erinnerung geblieben?
Patrick Thomas: Auf jeden Fall viele lächelnde beziehungsweise lachende Gesichter. Wir glauben, dass alle Beteiligten Spaß bei den Trainingseinheiten hatten. Das war auch unser vorrangiges Ziel. Die beiden amerikanischen Nationalmannschaften waren sehr interessiert, haben uns viele verschiedene Fragen gestellt und mit großem Engagement unsere Übungen absolviert.
Sebastian Thomas: Für mich sind besonders die kalten Temperaturen in Erinnerungen geblieben (lacht). Wir haben in Birmingham wettertechnisch die wahrscheinlich zwei schlechtesten Tage im ganzen Jahr erwischt. Ansonsten ist es die Spontanität und Flexibilität gewesen, unter denen die Tage standen. Wir mussten ein ums andere Mal den Platz wechseln oder umplanen. Doch der Spaß und die Leidenschaft, mit denen die Amerikaner den Faustballsport betreiben hat dafür entschädigt. Wenn man sieht, was sie für Voraussetzungen haben, ist es wirklich beachtlich, was sie leisten. Es gibt nur wenige Faustballerinnen und Faustballer, keine richtige Spielrunde und die Teams sind auch noch Hunderte von Kilometern entfernt, sodass sie quer durch die Vereinigten Staaten reisen müssen, um an Spielen und Trainings teilzunehmen. Das ist schon Wahnsinn.
Bei einem Tryout-Training hatten Sportlerinnen aus Birmingham die Chance, sich für einen Platz im amerikanischen Faustball-Nationalteam zu empfehlen? Habt ihr talentierte Faustballerinnen entdecken können?
Patrick Thomas: Das hohe Niveau des Tryouts war sehr überraschend für uns. Die Teilnehmerinnen waren größtenteils ortsansässige Volleyballerinnen, denen der Umstieg auf die Faustballtechnik nach ein paar Übungen extrem gut gelungen ist. Bei dem Tryout wurden vier Spielerinnen entdeckt, die nun mit der amerikanischen Frauennationalmannschaft weitere Trainings durchführen werden. Wir hoffen, dass eine oder zwei Spielerinnen den Sprung in das Nationalteam schaffen werden.
Sebastian Thomas: Ganz genau. Sie haben sich alle sehr, sehr gut auf dem Faustballplatz präsentiert. Vielleicht schafft es wirklich eine von ihnen in den amerikanischen Kader für die World Games.
Auch mit dem Nationalteam der Männer habt ihr trainiert –und dabei sogar selbst zum Ball gegriffen. Welche Eindrücke konntet ihr sammeln?
Patrick Thomas: Auch hier waren wir von der Leistungsstärke der US-Amerikaner sehr angetan. Natürlich haben wir noch Verbesserungspotential in manchen Dingen gesehen, was jedoch durch das fehlende kontinuierliche Training beziehungsweise dem fehlenden Wettkampfbetrieb ganz normal ist. Die Jungs haben unseren Eindruck bestätigt, dass der Sport in den USA einen hohen Stellenwert hat, egal um welche Sportart es sich handelt.
Sebastian Thomas: Man hat den Spaß und die Leidenschaft bei jedem von ihnen gespürt. Alle Spieler sind konzentriert gewesen, haben sich gegenseitig motiviert und angefeuert. Sie sind unheimlich ehrgeizig und machen das Beste aus der Situation, dass sie aufgrund der großen Entfernung zueinander eben nicht alle Wochenenden miteinander trainieren können.
Was können wir vom amerikanischen Team bei den World Games erwarten? Wo stehen sie international?
Patrick Thomas: Es kann sich auf jeden Fall jeder Zuschauer auf die Amerikaner freuen, da Sie an einem guten Tag jeden Gegner in Bedrängnis bringen können und sehr motiviert und enthusiastisch spielen. In Bezug auf die Leistungsstärke sind sie nach den großen vier Nationen (Brasilien, Österreich, Schweiz, Deutschland) einzuordnen.
Sebastian Thomas: Das sehe ich ähnlich. Bei der Medaillenvergabe wird es leider keiner der beiden Mannschaften gelingen, ein Wörtchen mitreden zu können. Dafür sind die Abstände zu den internationalen Top-Teams einfach zu groß. Die Voraussetzungen, die aktuell noch im amerikanischen Faustball herrschen, sind trotz Leidenschaft und Siegeswillen einfach schwierig, weil die Wettkampfpraxis fehlt – sowohl auf nationaler, als auch internationaler Ebene. Aber: Sie werden sich mit Sicherheit zur vergangenen Weltmeisterschaft noch einmal steigern.
Für euch stand am Sonntag auch ein Rundgang über das Faustball-Gelände bei den World Games auf dem Programm. Worauf dürfen sich die Faustball-Fans freuen?
Patrick Thomas: Die Faustballveranstaltung wird auf einem College-Gelände ausgetragen. Dadurch sind die Wege zu allen wichtigen Orten wie Centercourt, Aufwärmfeld, Unterkünfte und Verpflegung sehr kurz. Es ist wie eine kleine Stadt, in der während der World Games der Faustballsport im Fokus steht.
Sebastian Thomas: Es wirklich ein schöner Uni-Campus, auf dem während der World Games über 1000 Sportlerinnen und Sportler aus vielen verschiedenen Sportarten untergebracht sein werden. Ich glaube, wenn der Center Court mit der Zuschauertribüne steht, wird das eine super Atmosphäre dort sein. Inmitten das Campus ist auch ein kleiner See mit Amphitheater, wo sich die Teams und Zuschauer aufhalten können.
Wie viel habt ihr von der Stadt Birmingham gesehen? Kann man dort bereits eine Vorfreude auf die World Games spüren?
Patrick Thomas: Ja, wir haben uns einige besondere Orte angesehen. Wir waren vor allem von der Geschichte der Stadt sehr beeindruckt. Es lohnt sich, etwas Zeit für eine kleine Tour zu investieren. Ansonsten konnten wir schon überall Plakate, Malereien, Schriftzüge und viele weitere Hinweise auf das einzigartige Sportfest im Juli erkennen. Das zeigt auch welche Vorfreude von der Stadt Birmingham ausgeht. Jeder der dabei sein wird, kann sich auf ein unvergessliches Ereignis freuen.
Sebastian Thomas: Trotz der kurzen Zeit vor Ort, konnten wir ein paar Momente nutzen, um Birmingham zu erkunden. Wir waren oben auf der Vulcan Statue, haben die 16th Street Baptist Church besucht, die einen großen historischen Stellenwert in der amerikanischen Geschichte hat und einen wichtigen Part in der amerikanischen Freiheitsbewegung einnimmt. Wir haben das Protective-Stadium gesehen, in dem die Eröffnungsfeier stattfinden wird. Unter einer unheimlich schön beleuchteten Autobahnbrücke wird gerade noch eine große Parkanlage errichtet, wo über eine lange Strecke die World Games-Plaza Platz finden werden, sich viele Sportarten zeigen können und es Liveacts geben wird.
Und: Wir hatten die Ehre, die Verantwortlichen der World Games zu treffen. Sie sind alle super aufgeregt. Man merkt, dass jetzt, wo der Endspurt langsam beginnt, dass sie sich alle riesig darauf freuen. Ein Großteil der Menschen in der Stadt weiß, dass die World Games kommen. Wir wurden von vielen angesprochen und man hat gemerkt, dass die Leute in Birmingham auch im Kontext der Geschichte mit Martin Luther King unheimlich stolz sind, dass so viele unterschiedliche Menschen in ihrer Stadt zusammenkommen und – ganz egal wo sie herkommen oder welche Hautfarbe sie haben –ihren Sport betreiben. Es wird für alle eine unvergessliche Veranstaltung werden!
Patrick, vom 10. Bis 14 Juli finden in Birmingham die Faustballwettbewerbe bei den World Games statt. Du wirst mit dem deutschen Team der Männer als Titelverteidiger antreten. Wie groß ist bei dir nach dem Besuch in Alabama die Vorfreude auf das Event?
Patrick Thomas: Die Vorfreude ist natürlich riesig. Die World Games sind immer auf ihre eigene Art und Weise sehr besonders. Wie bereits erwähnt, genießt der Sport in den USA ein hohes Ansehen und die Leute vor Ort sind alle total sportbegeistert. Ich bin davon überzeugt, dass man diese Begeisterung auch während der Faustballveranstaltung von allen Beteiligten spüren und auf die Sportler abfärben wird.
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