WM-Rückblick: Wie 1979 die Titelserie fortgeschrieben wurde

Der Kader der Faustball-Weltmeisterschaft 1979 in St. Gallen mit Bundestrainer Hansfried Heinrichs (5. von links) (Foto: privat)

Hamburg (DFBL/ssp). Ab dem kommenden Wochenende wird die Faustball-Welt ihren Blick für eine Woche nach Winterthur richten. Vom 11. bis 17. August findet in der sechstgrößten Stadt der Schweiz die 15. Faustball-Weltmeisterschaft der Männer statt. Mit 18 Nationen ist es die größte Faustball-WM aller Zeiten Deutschland geht nach dem Titelgewinn 2015 in Argentinien als Titelverteidiger an den Start.

Die Schweiz ist zum dritten Mal Gastgeber einer Männer-WM: Bereits 1979 und 1999 traten in der Alpenrepublik die besten Faustballer gegeneinander an. Gemeinsam mit den ehemaligen Nationalspielern Claus Ehlbeck und Ralf Herp werfen wir einen Blick in die deutsche WM-Geschichte. Heute: Teil 1.

Nominierung in letzter Sekunde

Claus Ehlbeck (rechts) mit Zimmernachbar Jürgen Haas

Nach Österreich, Deutschland und Brasilien ist die Faustball-Welt bei ihren vierten Titelkämpfen vom 31. August bis 2. September in der Schweiz zu Gast. Mit Argentinien, Brasilien, Chile, Südwestafrika, Italien, Österreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz nahmen acht Nationen teil. Bundestrainer Hansfried Heinrichs hatte im Vorfeld sieben Spieler seines achtköpfigen Kaders bereits benannt, einzig auf der Angriffsposition ließ er noch eine Entscheidung offen. Deshalb reisen Claus Ehlbeck (Eimsbütteler TV) und Dieter Thomas (TSV Pfungstadt) zu den letzten Vorbereitungsspielen beide in die Schweiz. „Es war eine sehr knappe Entscheidung damals“, erinnert sich Claus Ehlbeck, der sich am Ende gegen Thomas durchsetzte. „Nach der Nominierung des Nationaltrainers war ich einerseits euphorisch und glücklich, bei so einem Ereignis aktiv dabei sein zu dürfen“, sagt Ehlbeck. Andererseits habe er aber auch ein wenig Angst verspürt. „Schließlich kam ich gerade aus der Regionalliga und hatte – mit Ausnahme der Länderspiele im Jugend- und Juniorenbereich – kaum internationale Erfahrung.“

Niederlage zum WM-Auftakt

Der Start in die Vorrunde misslang: Gegen Gastgeber Schweiz kassierte das deutsche Team in Frauenfeld eine 22:29-Niederlage. „Vielleicht war es ganz gut, am Anfang einen Dämpfer zum Wachrütteln zu bekommen“, meint Claus Ehlbeck 40 Jahre später. „Am WM-Titel gezweifelt haben wir trotz der Niederlage nicht, wir mussten nur erst einmal ins Turnier reinkommen.“ Nach der Auftaktniederlage spielte Deutschland gegen Südwestafrika (48:15) und Argentinien (36:22) dann besser. Ehlbeck lief gegen Südwestafrika an der Seite von Bernd Konprecht im Angriff auf. „Ich war recht nervös, am Anfang stand es 1:4. Doch dann lief es rund. Ich glaube zur Halbzeit haben wir sogar 31:4 geführt. Und gegen Argentinien hat es am Anfang geholpert, später lief es aber auch hier rund“, sagt der Hamburger.

Ein denkwürdiges Halbfinale

Als Gruppenzweiter wartete im Halbfinale Brasilien als Gegner. Bis zum 8:8 in der siebten Minute lieferten sich beide Teams eine ausgeglichene Partie, als es – so berichtete es der damalige Landespressewart des Bayerischen Turnspielverbandes, Erwin Holzapfel – zu drei strittigen Schiedsrichterentscheidungen des Schweizer Unparteiischen Bruno de Capitani kam. Drei brasilianische Bälle wurden, nach Abstimmung mit den Linienrichtern, als „Aus“ gewertet. Aufgebracht von dieser Entscheidung ließen die Südamerikaner das deutsche Team dann etwas davonziehen (16:12). Dann kam es zum Eklat: Brasilien wechselte aus, Jürgen Haas schlug eine Angabe und der Schiedsrichter pfiff nach dem ersten Ballkontakt der Brasilianer sofort wieder ab. Begründung: Nach Meinung des Schiedsrichters befanden sich zum Zeitpunkt der Angabe sechs brasilianische Spieler auf dem Spielfeld. Auf dem Feld sahen die Zuschauer dann Szenen, die man beim Faustball sonst wohl nicht für möglich hält. Tumultartige Szenen sorgten für eine Spielunterbrechung von fast zehn Minuten. Claus Ehlbeck: „Es war sehr emotional. Hugo Viktor Koerbes hätte den Schiedsrichter am liebsten ,aufgefressen‘. Worum es genau ging weiß ich gar nicht mehr genau, aber Jürgen Haas hat die ganze Situation mit Viktor wieder gemeinsam beruhigt.“ Dennoch habe es im Spiel der Brasilianer, die „bis dahin mindestens gleichwertig waren“, einen Bruch gegeben. Deutschland gewann 43:26 und zog ins Endspiel ein.

Weltmeister nach packender Schlussphase

Weltmeister: Claus Ehlbeck (rechts) freut sich gemeinsam mit Heinz Kalinski

Hier traf man – wie bei der ersten Austragung 1968 – auf Österreich. Beide Teams lieferten sich vor knapp 5000 Zuschauern ein spannendes Duell, keine Mannschaft konnte sich mit mehr als zwei Bällen absetzen. Zur Halbzeit stand es 14:13. Auch nach einem kurzen Zwischenspurt der Deutschen schlug Team Austria noch einmal zurück. Drei Minuten vor Spielschluss schien wieder alles ausgeglichen (25:25). Dann aber unterliefen den Österreichern zwei Eigenfehler, die deutsche Mannschaft gewann mit 30:26. „Es war ein irres Erlebnis, ein sensationelles Spiel beider Teams“, berichtet Claus Ehlbeck. „Die Stimmung war der absolute Wahnsinn, die Nationalhmyne tat ihr übriges. Ich habe heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“

Bei der vierten Weltmeisterschaft feierte Deutschland somit zum vierten Mal den Titelgewinn. „Wir waren eine tolle Gemeinschaft, auch mit Trainer Hansfried Heinrichs, dem Masseur und Werner Morstadt als Delegationsleiter“, blickt Claus Ehlbeck auch heute noch gerne auf die Titelkämpfe in der Schweiz zurück. „Es war ein unbeschreibliches Erlebnis, bereits die gesamte Vorbereitung war fantastisch. Die Siegerehrung war dann das Highlight.“ Und: Für die WM 2019 wollen die WM-Helden von damals denen von heute, vor Ort, die Daumen drücken. Ehlbeck: „Ich freue mich, dass wir uns nach 40 Jahren fast komplett in Winterthur wiedertreffen.“

Im deutschen WM-Kader standen: Bernd Konprecht, Rolf Heisch, Peter Linsenbolz (alle Offenburger FG), Jürgen Haas, Norbert Wittke (beide MTV Stuttgart), Heinz Kalinski, Klaus Eggers (beide TK zu Hannover) und Claus Ehlbeck (Eimsbütteler TV); Trainer: Hansfried Heinrichs

Im Finale kamen zum Einsatz: Jürgen Haas, Bernd Konprecht, Rolf Heisch, Norbert Wittke und Heinz Kalinski
Für Österreich spielten: Tassilio Gruber, Winfried Steininger, Harald Beyer, Reinhord Apfolterer und Franz Simlik

Endstand 4. Faustball-WM 1979: 1. BR Deutschland, 2. Österreich, 3. Brasilien, 4. Schweiz, 5. Argentinien, 6. Südwestafrika, 7. Italien, 8. Chile

Text: Sönke Spille / Bilder: Claus Ehlbeck / Statistik: Manfred Lux (Faustball-Information)

Die 15. Faustball-Weltmeisterschaft der Männer findet vom 11. bis 17. August im Stadion Schützenwiese in Winterthur statt. Deutschland trifft in der Vorrunde (11. bis 13. August) auf Argentinien, Italien und Österreich. Im Anschluss wird in einer Double Elimination weitergespielt. Nach den Titelgewinnen 2011 (Österreich) und 2015 (Argentinien) reist die Mannschaft von Bundestrainer Olaf Neuenfeld als Titelverteidiger in die Schweiz. Auf insgesamt vier Spielfeldern werden die Begegnungen ausgetragen, die deutschen Spiele sollen – nach ersten Planungen – alle auf www.faustball.tv übertragen werden.
Die Deutsche Faustball-Liga wird auf faustball-liga.de und den Social Media-Kanälen (Facebook, Instagram, Twitter) über die WM in Text, Bild und Ton berichten.

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