Theo Theodorakoglu – Ein Deutscher als Chefcoach der US-Amerikaner
Birmingham (DFBL/ssp). Es ist eine Premiere: Zum ersten Mal in der Geschichte des Faustballs nimmt in den nächsten Tagen eine Nationalmannschaft aus den USA am Faustballwettbewerb der World Games teil. Trainiert wird das Team dabei von einem Deutschen: Theo Theodorakoglu.
Mit neun Jahren nahm sein Vater den heute 52-Jährigen mit zum Faustball, der beim TV Echterdingen seine Faustballkarriere startete. Es folgten Stationen beim KV Untertürkheim (Landesliga), KV 95 Stuttgart (Verbandsliga) und SZ Rohr (2. Bundesliga Süd), ehe er zu KV 95 zurückkehrte. Mit der Daimler Werksmannschaft gewann er dazu mehrere Male die Württembergischen Werksmeisterschaften.
Der Beruf ist es auch, der Theodoragoglu 2013 in die USA führte. Als Neutypplaner begleitete er für Mercedes-Benz den Anlauf der C-Klasse in der Rohbaufertigung in den Vereinigten Staaten. Danach kam der Anlauf des GLE Coupés, der Auslauf der R-Klasse, der Aufbau der CKD-Fertigung und nun der Anlauf der EQE SUVs. In dieser Zeit lernte er auch seine Ehefrau kennen. Seit 2019 ist der Deutsche nun Chefcoach der amerikanischen Faustball-Männer, hat das Team auf die World Games in seiner neuen Heimat Birmingham (Alabama) vorbereitet.
Theo Theodorakoglu, Trainer der Faustball-Nationalmannschaft der US-Männer. Wenn dir das jemand vor 15 Jahren erzählt hätte. Was hättest du darauf geantwortet?
Theo: Wait, what? Nicht im Traum!
Seit Herbst 2019 bist du nun als US-Coach tätig. Wie bist du zu dieser Aufgabe gekommen?
Theo: Die Faustballer hier in den USA sind eine (kleine) Familie. Ich habe sofort als ich hier angekommen bin den Kontakt gesucht und habe all die Jahre hier Faustball gespielt. 2017 habe ich mit SSC sogar die US-Meisterschaft gewonnen, was uns 2018 sogar zum World Tour Finale nach Vaihingen/Enz geführt hat. 2019 wurde ich dann gefragt, ob ich die Nachfolge des damaligen US-Nationalcoaches Ron Jesswein übernehmen möchte. Und ich habe ja gesagt!
Gib uns doch einmal einen Einblick in den Faustballsport in den Vereinigten Statten. In Deutschland kennen wir den Ligaspielbetrieb mit Bundesliga und weiteren Ligen darunter. Wie ist das in den USA?
Theo: Es gibt hier zurzeit nur eine Liga mit nur vier Mannschaften. Vor einigen Jahren waren es zwei Ligen (East Coast und Wisconsin) mit acht bis zehn Mannschaften. Der Faustballsport ist hier noch in den Kinderschuhen. Wir hoffen, das die World Games 2022 einen Impuls gibt und mehr Menschen sich für den Faustballsport interessieren.
Was hast du für Unterschiede im Vergleich zum Sport in Deutschland festgestellt?
Theo: In den USA gibt es kaum Vereinssport so wie wir es kennen. Die Hauptakteure sind hier die Schulen und die Colleges.
Dazu gibt es im Land große Entfernungen, die zurückzulegen sind. Das stellt euch bei gemeinsamen Lehrgängen mit der Nationalmannschaft sicherlich vor Herausforderungen. Unter welchen Voraussetzungen sind gemeinsame Trainingslager überhaupt möglich?
Theo: Jedes Trainingslager bedeutet für mich Flugreise. Entweder nach Wisconsin oder Philadelphia/New Jersey. Das sind die zwei Gegenden, woher die Teams und alle Spieler herkommen.
Inwieweit habt ihr die Vorbereitung auf die World Games im eigenen Land die gemeinsamen Trainingseinheiten noch einmal intensiviert?
Theo: Wie schon erwähnt, erfordert es erhebliche logistische Leistung, um zusammenzukommen. Wir haben an 5 Wochenenden Trainingslager absolviert. Unser letztes Trainingslager war vom 17-19 Juni in Flanders/New Jersey.
Der Kader ist zu den vergangenen großen Veranstaltungen nicht allzu verändert. Viele Spieler gehören bereits seit vielen Jahren zum Aufgebot. Was macht das Team aus, wo hat es seine Stärken?
Theo: Der große Vorteil ist, dass die Spieler sich praktisch blind verstehen. Die langjährige Erfahrung aus den internationalen Turnieren ist meines Erachtens auch ein großes Plus. Solche „alte Hasen“ sind etwas abgebrühter als junge Spieler, die gerade erst auf die internationale Bühne treten. Aber natürlich hätten wir gerne mehr junge Spieler in unseren Reihen.
Zum ersten Mal werden die Vereinigten Staaten am Faustballturnier bei den World Games teilnehmen. Bei einem Besuch im Februar seid ihr bereits auf dem Gelände der Faustballwettbewerbe gewesen. Was hattest du für einen Eindruck?
Theo: Der Veranstaltungsort ist auf dem Campus einer historischen Universität – sehr schön gelegen mit hervorragenden Anlagen – so wie man es hier in den USA erwartet. Ich glaube die Spieler und auch die Zuschauer werden sich sehr wohlfühlen!
In der Vorrunde trefft ihr auf Österreich, Brasilien und Italien – drei große Namen im internationalen Faustball. Wie schätzt du eure Gruppengegner ein? Wie wollt ihr die Vorrundenspiele angehen?
Theo: Österreich und Brasilien sind sicherlich Medaillenkandidaten. Italien ist in dieser Gruppe der Gegner, wo unser Team eine Chance hat. Aber, wir werden in jedem Spiel 150 Prozent geben und alles dafür geben, zu gewinnen!
Von welchem sportlichen Ziel können wir mit Blick auf die World Games damit sprechen?
Theo: Unser Ziel ist es, einem Platz im Anschluss an den vier Top Teams Deutschland, Brasilien, Schweiz und Österreich zu erreichen.
Und zum Schluss: Inwieweit verfolgst du aus der Ferne den deutschen Faustball? Was traust du der deutschen Männer-Nationalmannschaft zu?
Theo: Ich schaue mir alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft an, zumal mein Herz auch für die deutsche Nationalmannschaft schlägt. Sie werden auf jeden Fall eine Medaille holen.
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