Schneverdingen und Pfungstadt bleiben spitze
Sonnenschein und Blasmusik am Sonntagmorgen, Spannung auf den Tribünen: wer wird Deutscher Meister, wer gewinnt Silber und Bronze, wer geht leer aus? Die Entscheidungen sind gefallen… Die alten Meisterinnen und Meister, TV Jahn Schneverdingen und TSV Pfungstadt, sind auch die neuen Titelträger.
Endspiel Männer: TSV Pfungstadt – TSV Hagen 1860 3:1 (11:6, 11:7, 10:12, 11:7)
„Es fällt mit zunehmendem Alter immer schwerer“, sagte Pfungstadts Kapitän Sebastian Thomas, der schon alle Titel mehrfach gewonnen hat, vor dem DM-Turnier. Und doch war es der 34-jährige Routinier, der im Endspiel entscheidende Akzente aus der Mitte setzte, sodass sein Bruder Patrick wie gewohnt auf die Kugel dreschen konnte. „Basti“, der Spieler des Endspiels, holte knallharte Schüsse von Hagens Angreifer Philip Hofmann raus, lenkte das Spiel, nutzte Auszeiten für kleine Korrekturansagen. Der TSV Pfungstadt ist und bleibt die Nummer 1, auch wenn der TSV Hagen alles probierte. Mehr als ein Satzgewinn war für die Westfalen aber nicht drin und die Hessen, die zuletzt zwei ungewohnte Niederlagen in den Endspielen um den EFA Champions Cup und die World Tour Finals einstecken mussten, war es der ersehnte Titelgewinn.
Im ersten Durchgang holten die in Schwarz spielenden Pfungstädter gleich mal sechs Satzbälle heraus. Den dritten nutzte Patrick Thomas eiskalt. Das Publikum trieb überwiegend die Hagener an, die meisten Fans hofften zumindest auf ein spannendes Match. Aber die Pfungstädter zogen ihr Spiel gewohnt eiskalt durch, brachten die ersten Bälle weit nach vorn, wo Ajith Fernando oder Sergio Mueller ihren Super-Angreifer bedienen konnten. Die Hagener zeigten durchaus starke Aktionen, bissen sich aber am Gegner die Zähne aus. Mit einem krachenden Block von Hofmann ins Aus ging der hohe Favorit 2:0 in Führung.
Aus den Lautsprechern schallte es „Hey, ab in den Süden!“ und die La-Ola-Welle kreiste ums Stadion. Die Hagener ließen sich von der prächtigen Atmosphäre anstecken. Leo Eckerle kam für Kevin Braatz aufs Feld und sein Team brachte frischen Wind in die Partie. Der Underdog ging mit 5:3 Bällen in Führung, Hofmann packte die Keule aus und auch Kapitän Robin Kuhlmann punktete. Ungewohnt lange Ballwechsel entstanden, weil die Hagener Abwehr gut gegenhielt. Dann war wieder Pfungstadt am Zug: ein 6:9 glichen sie aus, dann Hofmann holte den ersten Satzball heraus und schoss diesen jedoch knapp ins Seiten-Aus. Ein toller Service von Hofmann und Ole Schachtsiek, der von hinten vorgestürmt war und den Ball clever in die Feldmitte platzierte, sorgten für Riesenstimmung und den Satzanschluss.
Vor Satz 4 drängte Hagen-Coach Dirk Schachtsiek darauf, öfter auf Schuss zu spielen. Doch dazu ergaben sich nun kaum noch Gelegenheiten. Ajith Fernando, Sergio Mueller und Paul Jantzen wehrten stark ab, Patrick Thomas erledigte den Rest. Über 5:3 und 9:4 ging es in die letzten Minuten. Hagen gelangen noch drei Punkte in Folge, dann beendete ein Leinenball von Kuhlmann das Spiel.
Die Erleichterung über den goldenen Abschluss der Pfungstädter war beim Jubel spürbar. Die Konkurrenz muss sich ein weiteres Jahr gedulden, um erneut eine Ablösung der deutschen Faustball-Könige zu versuchen.
TSV Pfungstadt: Patrick Thomas, Sergio Mueller, Ajith Fernando, Paul Jantzen, Sebastian Thomas.
TSV Hagen 1860: Philip Hofmann, Kevin Schmalbach, Robin Kuhlmann, Ole Schachtsiek, Kevin Braatz, Florian Sträßer, Leo Eckerle.
Endspiel Frauen: Ahlhorner SV – TV Jahn Schneverdingen 0:3 (8:11, 11:13, 5:11)
„Wir müssen gut ins Spiel kommen, dann haben wir eine Chance“, hoffte Ahlhorns Trainerin Janna Köhrmann vor dem Nord-Duell um die Goldmedaillen auf den ersten Titel seit 2019. Vergeblich. „Wir kamen gar nicht rein und konnten nicht unsere Leistung abrufen“, meinte eine Stunde später Angreiferin Mieke Kienast selbstkritisch. Während Schneverdingens langjährige Kapitänin Hinrike Seitz kurz und knapp konstatierte: „Es hat uns richtig Spaß gemacht.“
Beide Mannschaften standen sich in den erfolgreichen Vortages-Aufstellungen gegenüber. Und die Heidschnucken waren sofort auf Kurs, ließen den Dauerkonkurrenten aus dem Norden von Beginn an einem Rückstand hinterherlaufen. Ungewohnte Fehler auf Ahlhorner Seite sorgten für die schnelle 1:0-Satzführung des Titelverteidigers.
Im zweiten Satz wechselte Trainerin Köhrmann Melissa Leopold für die glücklose Meike Kienast ein und es entwickelte sich ein echter Finalfight. Bei 7:8-Rückstand zog Jahn-Coach Olaf Neuenfeld die Auszeit, forderte bessere Zuspiele – und seine Schützlinge erspielten sich den ersten Satzball, weil auf der anderen Seite Leopold und Nadermann patzten. Mit langen Ballwechseln ging es hin und her, bis Annika Kriger in Schneverdingens rechter Abwehr zweimal grandios reagierte und Helle Großmann zum 2:0 vollendete.
Der Rest war Formsache. Dem Ahlhorner SV gelang fast nichts mehr, Schneverdingen spulte sein Spiel souverän ab. Erst „müllerte“ es zum 10:4, Kienast gelang noch ein Ass, aber dann war’s vorbei.
Der TV Jahn überzeugte auf ganzer Linie und bleibt hochverdient die Nummer 1 in Deutschland. So darf zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen gefeiert werden. „Egal, welches Turnier – jede Medaille ist schön“, so die Spielerin des Spiels, Dauerbrennerin Hinrieke Seitz. Einen großartigen Sommer krönt der TV Jahn nach Europapokal-Gold und Silber bei den World-Tour Finals mit dem neuerlichen Triumph bei den „Deutschen“.
Ahlhorner SV: Jordan Nadermann, Sarah Albrecht, Michaela Grzywatz, Felicia Gißler, Mieke Kienast, Melissa Leopold.
TV Jahn Schneverdingen: Helle Großmann, Laura Kauk, Aniko Müller, Hinrike Seitz, Annika Kriger.
Um Platz 3: TV Vaihingen/Enz – TV 1880 Käfertal 1:3 (7:11, 11:6, 7:11, 14:15)
Was für ein Spektakel! Die Sonne strahlte über der Arena und die Sportler boten ein knallhartes Duell mit allem, was Männer-Faustball aufbieten kann. Im zweiten „kleinen Finale“ des Tages standen sich erneut Südvereine gegenüber. Die Vaihinger, mit Johannes Jungclaussen und Jakob Kilpper im Angriff, Jaro (Mitte) und Jacob Jungclaussen sowie Tobias Maurer, kamen zunächst nicht mit den gut gestaffelten Käfertalern mit. Satz 1 ging deutlich an die Kurpfälzer, die mit der starken Aufstellung des Vortages gleich im Spiel waren.
Im zweiten Satz kamen aber die Vaihinger in Fahrt. Johannes Jungclaussen bekam Zuspiele auf dem Silbertablett serviert und konnte sich richtig austoben. Der zweitälteste der Jungclaussen-Brüder nutzte jede Chance, seine Mannschaft glich aus. Dann waren es wieder die „Mannemer Buwe“, die das Zepter übernahmen – in Person von Marcel Stoklasa, der das Visier genau eingestellt hatte und variabel punktete. Aber auch, weil die Käfer-Abwehr ein paar Bälle mehr von der Wiese kratzten konnte. Satz 3 ging klar an die Kurpfälzer.
Dann der vierte Satz – einer, der Faustball aus dem Lehrbuch bot. Bei 4:3-Führung Käfertal kam Andreas Knodel an die Zweitschlagposition, Kilpper rückte in die Mitte. In der Abwehr wurden die Seiten gewechselt. Trainer Markus Knodel versuchte viel, um die knallharten Stoklasa-Schüsse zu entschärfen. Nun entwickelte sich die stärkste Phase der Männer auf beiden Seiten. Bei 8:7 rutschte der sehr starke Nico Müller beim Zuspiel weg – Ausgleich für die Schwaben. Nick Trinemeier erlief eine zu lange Vorlage, Stoklasa versenkte das Leder. Jungclaussen revanchierte sich per Ass. Dann wehrte Knodel vorn stark ab, doch Jungclaussen schoss knapp ins Aus. Den ersten Matchball wehrte er dann wieder mit starker Angabe ab. Kilpper verstellte einen Ball, doch erneut gelingt Jungclaussen der Ausgleich und kurz darauf die Führung. Noch zwei Mal ging der Schlagabtausch der überragenden Angreifer weiter, bei 14:14 hat Stoklasa die Angaben-Chance und knallt den Ball zum Ass und zum Bronze-Gewinn für die Mannheimer.
TV Vaihingen/Enz: Andreas Knodel, Johannes Jungclaussen, Jacob Jungclaussen, Jaro Jungclaussen, Jakob Kilpper, Tobias Maurer.
TV 1880 Käfertal: Maximilian Breier, Moritz Kiefer, Marcel Stoklasa, Christof Jugel, Nick Trinemeier, Nico Müller.
Um Platz 3: TSV Calw – TSV Dennach 0:3 (8:11, 10:12, 7:11)
Es war nicht das Turnier der Löwinnen. Mit 0:3 unterliegen die Calwerinnen im Süd-Duell um die Bronzemedaillen einem hochmotivierten Dennacher Team, das über die gesamte Begegnung mehr Druck aufgebaut hat. Die Pink Ladies starteten mit der Formation Sonja Pfrommer und Maya Mehle vorn, Ann-Kathrin Motteler (Mitte), Laura Schinko und Denise Zeiher. Calw setzte auf Henriette Schell, Fenja Stallecker, Laura Flörchinger, Ida Hollmann und – in ihrem letzten Spiel der aktiven Karriere – Sandra Janot.
Zunächst wurde abgetastet, gleichauf ging es bis zum 8:8. Dann machte Sonja Pfrommer ernst und im nächsten Ballwechsel schlug der Rasenfehler an der 3-m-Linie, der den Namen „Stammheimer Loch“ bekam, zu. Das Calwer Zuspiel versprang entscheidend zum 0:1-Satzstand. Das Calwer Betreuerduo Bastian Dangel und Raphael Schlattinger wechselte Samantha Lubik in die Mitte ein, bei Dennach sollte die erfahrene Anna-Lisa Aldinger (für Schinko) zusätzliche Stabilität in die Abwehr bringen. Das Match nahm Fahrt auf und der World-Tour-Sieger Dennach wirkte zunächst frischer. Bei 8:8 war Calw wieder dran und der Gegner wechselte Pia Neuefeind für Pfrommer an den Hauptschlag. Zwei lange spannende Ballwechsel gingen an die Calwerinnen – 10:8-Führung. Die Neuefeind-Angabe flog wie ein Strich über die Grundlinie, doch Sandra Janot brachte den Fuß nicht rechtzeitig weg. Statt Satzausgleich kam Dennach heran und nutzte die Chance gegen konsternierte Calwerinnen, Maya Mehle punktete zum 2:0.
Frischer Wind erschwerte die Zuspiele, Calw gelang es nicht mehr, Druck aufzubauen. Henriette Schell, von Schulter- und Knöchelproblemen geplagt, strahlte nicht die gewohnte Gefahr aus. Über 1:5 ging es auf die Entscheidung zu. Dann der nächste fatale Calwer Moment: Die Betreuer zeigten den Wechsel von Laura Glauner für Samantha Lubik nicht bei Schiedsrichter Kevin Dannecker an – 2:6. Irgendwie bezeichnend, dass beim Stand von 7:9 das letzte Zuspiel erneut unholbar versprang. Die Pink Ladies gewannen verdient und ziemlich ungefährdet. Den Calwerinnen bleibt die Erkenntnis, dass sie ihr Können in diesem Turnier nicht abgerufen haben. Die ersten Bälle hatten eine zu große Streuung, die Zuspiele kamen nicht optimal. Und Laura Schinko, Dennach: „Für uns war es ein guter Abschluss, nachdem wir im Halbfinale gestern gar nicht auf Touren gekommen sind.“
TSV Calw: Sandra Janot, Fenja Stallecker, Henriette Schell, Laura Flörchinger, Ida Hollmann, Samantha Lubik, Laura Glauner.
TSV Dennach: Denise Zeiher, Ann-Kathrin Motteler, Pia Neuefeind, Sonja Pfrommer, Maya Mehle, Laura Schinko, Anna-Lisa Aldinger.
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