Die World Games: spannend, beeindruckend, emotional

Breslau (DFBL/ssp). Die World Games 2017 – sie gingen vorbei wie im Flug: Mit spannenden Spielen, beeindruckenden sportlichen Leistungen, großen Emotionen – und am Ende mit Deutschland als Champion. Die World Games 2017 in Breslau hatten eine Menge zu bieten. Und sie haben Maßstäbe gesetzt, in vielerlei Hinsicht: Ein Rückblick von DFBL- und IFA-Korrespondent Sönke Spille.

Deutschland – Der flexible Titelverteidiger

Die deutsche Mannschaft von Bundestrainer Olaf Neuenfeld erlebte ein Wechselbad der Gefühle. Als Titelverteidiger und großer Favorit angereist, verlor sie bereits im Eröffnungsspiel gegen Argentinien (3:0) ihren Hauptangreifer Patrick Thomas. Nach einem Zusammenprall mit Steve Schmutzler, zog sich der aktuelle Star der Faustballszene eine Schultereckgelenkssprengung zu und musste die Heimreise antreten. Sichtlich geschockt kassierte das Nationalteam danach eine 1:3-Niederlage gegen Österreich, die erste seit der Europameisterschaft 2012. Doch einen Tag später sahen die Zuschauer ein neues, noch mehr zusammengewachsenes Team auf dem Faustballfeld. Chile (3:0) und Brasilien (3:1) bekamen dies am Sonntag bereits zu spüren, am Montag lieferte sich die Neuenfeld-Crew zum Abschluss der Vorrunde dann einen wahren Fight gegen die Schweiz (3:2). Als Gruppenzweiter wurde der Halbfinaleinzug perfekt gemacht, hier Brasilien ziemlich deutlich mit 3:0 bezwungen.

Beeindruckend war dabei die Flexibilität der einzelnen Akteure. Wer sich vor dem Turnier noch über drei nominierte Zuspieler verwundert die Augen gerieben hatte, wurde eines Besseren belehrt. Fabian Sagstetter spielte in der Abwehr, im Zuspiel oder auch im Angriff – und zeigte überall seine Weltklasse. Dazu bewiesen die nach dem Aus von Thomas verbliebenden Angreifer Nick Trinemeier, Lukas Schubert und Steve Schmutzler, dass Deutschland neben dem Pfungstädter über weitere Weltklasseangreifer verfügt.

Stadion Olawka – Die Fans trotzten auch dem Unwetter

Es war schon fast beängstigend, was sich am Sonntagmittag im Faustballstadion abspielte. Ein bedrohliches Unwetter hatte sich über der Stadt Breslau zusammengebraut – und entlud sich über den Sportstätten der World Games. Die Fans suchten Unterschlupf unter der überdachten Tribüne, auf dem Platz begann ein Kampf um das Retten der Technik, der Zelte und des Spielfelds. Letztendlich ging es glimpflich aus. Während in anderen Stadion ganze Kameratürme zusammenbrachen, wer der nicht mehr bespielbare Centre Court das einzige Schaden. Die International Fistball Association reagierte stark, hatte nur zwei Stunden später auf dem Trainingsfeld eine neue „kleine Arena“ errichtet. Zur Freude der Fans konnten diese nun direkt am Spielfeldrand stehen, konnten die Atmosphäre noch mehr spüren. Dies gaben sie an den nächsten Tag zurück. Während die IFA weiterhin kämpfte, den Platz in einigermaßen ordentlichen Zuständen zu halten, sorgten besonders die Schlachtenbummler aus der Schweiz und Deutschland, gemeinsam mit den Cheerleaderinnen, für eine gigantische Atmosphäre.

Die Konkurrenz – Es wird immer enger an der Weltspitze

Selten war ein Faustballwettbewerb wohl so spannend wie in diesem Jahr. Deutschland, die Schweiz, Österreich und Brasilien präsentierten sich auf Augenhöhe, lieferten sich wahre Fights auf dem Feld. Alle vier Nationen waren nach zwei Tagen punktgleich in der Vorrundentabelle. Dazu hatte Chile gegen Österreich und Brasilien die große Chance auch noch in den Kampf um die Halbfinaltickets mitzuspielen, am Ende fehlte etwas das Glück. Dennoch zeigt es, der Kampf um die Medaillen ist offener denn je – das wird sicherlich auch bei der Weltmeisterschaft 2019 in Winterthur wieder zu sehen sein.

Das Finale – Echte Werbung für den Faustballsport

Dieses Endspiel hatte so ziemlich alles zu bieten, was sich der Sportfan in einem entscheidenden Match wünscht. Der Titelverteidiger, eigentlich am Boden, steht auf und kämpft sich zurück. Packenden Ballwechsel auf einem Untergrund, den nur noch die absolut besten Sportler beherrschen. All das sorgte dafür, dass die Zuschauer auf der Tribüne aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen. Besonders Dirk Schimmelpfennig, Leiter der deutschen World Games-Delegation ließ sich vom Faustballfieber anstecken, war nach dem Halbfinalsieg gegen Brasilien auch zum Endspiel auf der Anlage und feuerte die Mannschaft von Olaf Neuenfeld tatkräftig an. Ebenfalls euphorisiert zeigte sich der Präsident der World Games Association. Erst kurzfristig hatte er sich mit dem Großteil seines Präsidiums für das Faustballfinale entschieden – und wurde belohnt.

Die Schweiz – Noch nie war sie so dicht dran

Es fehlten eigentlich nur noch zwei Punkte – dann wäre die Schweiz der große Champions des Turniers gewesen. 3:1 führten die Eidgenossen, hatten schon eine Hand an der Goldmedaille. Am Ende standen sie aber doch wieder mit leeren Händen dar, zumindest fühlte sich Silber für den Moment so an. Fünf Finals in Folge forderten sie Deutschland heraus, doch so groß wie an diesem Dienstag in Breslau war die Chance auf den Titel wohl noch nie gewesen. Vielleicht waren es auch genau diese Gedanken, die am Ende den Deutschen in die Karten spielten. Die Schweiz wartet weiter auf auf ihren ersten Titel bei Weltmeisterschaften oder World Games und Trainer Oliver Lang verkündete im Anschluss an das Finale in Kürze eine Vernissage mit seinen zahlreichen Silbermedaillen, bei sich im Haus zu veranstalten…seinen Humor hatte er trotz der Niederlage nicht verloren.

Sport 1 – Faustball zum ersten Mal live im deutschen TV

Auf diesen Moment haben die Faustballer Jahre, Jahrzehnte gewartet. Die deutsche Faustballnationalmannschaft bei einem großen Turnier live im Fernsehen. Sport1 hatte sich die im Vorfeld der World Games die Rechte für die Veranstaltung gesichert und bereits auf der Pressekonferenz in Frankfurt versprochen, Faustball live zu präsentieren. Das Vorrundenspiel Deutschland gegen die Schweiz schrieb damit Geschichte – ganz Faustball-Deutschland konnte ihr Team sehen und viele weitere Sportbegeisterte sich von dieser Sportart faszinieren lassen. Auch wenn das Halbfinale und Finale nur leicht zeitversetzt gezeigt wurde, weil es der Sendeplan nicht anders hergab. Es wurde ausführlich und kompetent berichtet. Hans-Joachim „Hajo“ Wolff, Kommentator bei Sport1 und selber einmal als Faustballer in Leer aktiv, sowie Experte Ueli Reißner vom TV Stammheim begleiteten die Spiele unterhaltsam und trugen, gemeinsam mit den genialen Bildern der TV-Produktion, für die Werbung des Sports bei. Und ganz nebenbei – auch der polnische Sender Polsat übertrug – und zwar gleich mehrere Spiele live und in voller Länge.

World Games – Die kleinen Olympischen Spiele

Es war schon ein besonderes Flair, dass es in Breslau gab. Angefangen mit einer imposanten Eröffnungsfeier, über die vielen Nationen aus den verschiedensten Sportarten bis hin zu den sportlichen Höchstleistungen. Die World Games bewiesen, dass sie besonders von ihrer Vielfalt locker mit dem großen Bruder mithalten können. Eine besondere Beziehung entstand während des Turniers zwischen den deutschen Faust- und Korfballern. Gegenseitig besuchten sie sich bei ihren Spielen. So gab es „Deutschland, Deutschland“-Sprechchöre der Korfballer während der deutschen Partie am Montagvormittag. Auch weitere Stars der Szene waren zu Gast und zeigten sich begeistert.

Der Faustball – Die Chancen für die Zukunft

Diese World Games haben den Faustballsport auf ein neues Level gehoben. Vom Champion Deutschland, über die tolle Atmosphäre im Stadion Olawka, die
spannenden Spiele der Teams, das gigantische Finale mit den toll aufspielenden Schweizern und die Übertragung bei Sport1. Faustball hat sich in Breslau von seiner besten Seite präsentiert – und das wurde honoriert. Die Verantwortlichen des IOC bescheinigten der International Fistball Association eine hervorragende Veranstaltung, viele Ehrengäste schwärmten vom Sport und dem tollen Feeling – und das sprach sich herum. Mehrere Sportler aus der ganzen Welt erkundigten sich bei der IFA nach Regeln und Informationen. Das chinesische Fernsehen machte Aufnahmen vom Endspiel, führte Interviews und ließ durchblicken, dass die Nation extrem begeistert sei – hier ist in der Zukunft also eine Menge möglich.

Die nächsten World Games finden 2021 in Birmingham (USA) statt. Auch der Bürgermeister der Stadt war bei den Faustballern zu Gast – und wer weiß: Vielleicht dürfen in vier Jahren neben den Männern ja auch die Frauen aufschlagen – oder es öffnen sich ganz andere Türen, mit denen heute noch niemand rechnet…

Ein Rückblick von Sönke Spille mit Foto von Rouven Schönwandt

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