Die Nord-Männer im Hallen-Teamcheck
Oldenburg (DFBL/ssp). Am Wochenende geht sie endlich los, die Bundesliga-Saison unter dem Hallendach. Für die Deutsche Faustball-Liga hat Experte Sönke Spille die Teams aus dem Norden unter die Lupe genommen. Hier kommt sein Blick in die Kabinen und seine Prognose für die Saison 2017/18.
TSV Hagen 1860
Beim TSV Hagen 1860 gibt es vor der startenden Hallensaison noch einige Unklarheiten. Auf dem Feld verpasste das Team um U21-Europameister Ole Schachtsiek erneut die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft nur knapp, nun stehen hinter einigen Personalien noch Fragezeichen. Stefan Bösch wird aus beruflichen Gründen kürzer treten, dazu musste sich André Hahn Anfang Oktober einer Operation unterziehen. Mit Robin Kuhlmann und Ole Schachtsiek sind somit lediglich zwei Angreifer fest im Bundesligakader. Unterstützt werden sollen die beiden von Nachwuchstalent Florian Kutscher aus der Verbandsligamannschaft, der möglichst häufig zum Tabellenvierten der vergangenen Spielzeit stoßen und Trainer Holger Bock so mehr Optionen in der Offensive bieten soll. In der Abwehr sieht es mit der Personaldecke nicht viel besser aus. Da Ole Schachtsiek in den Angriff wechselt, stehen dem TSV-Coach mit Florian Sträßer, Leo Eckerle, Philipp Müller und Olaf Machelett nur vier Akteure zur Verfügung. Und auch einige Einsätze vom Doppelweltmeister und Kapitän Machelett sind noch fraglich. Die Ziele für die Hallensaison sind somit tief gesteckt. Mit dem Klassenerhalt würden sich die Westfalen bereits zufrieden geben. Helfen soll hierfür eine intensive Vorbereitung, die bereits in den vergangenen Spielzeiten beeindruckte. Mit Turnierteilnahmen in Hilchenbach, Bardowick und Brettorf versucht das Team sich spielerisch gut einzustellen. Zum wiederholten Male konnte in Kooperation mit einem Hagener Fitnessstudio für jeden Spieler ein individueller Trainingsplan erstellt werden. Dort trainieren die Faustballer gemeinsam mit Spielern von Basketball-, Handball- und Eishockeybundesligisten. Gerade physisch sollte den Sechzigern somit wohl keiner etwas vormachen.
Spilles Saisonprognose: Es wird eine Saison im Mittelfeld der Liga. Zwar wird es für die Hagener wieder nicht zu einer DM-Teilnahme reichen, mit dem Abstieg hat der TSV aber auch nichts zu tun.
Ahlhorner SV
Es war wieder einmal wie immer: Als am 20. August in Moslesfehn die Medaillen bei den Deutschen Meisterschaften der Männern verteilt wurden, hatten die Spieler des Ahlhorner SV erstklassige Sicht. Dicht am Spielgeschehen beoachteten sie Punkt für Punkt. Nur eben nicht auf dem Spielfeld, sondern wieder einmal von der Tribüne. Dabei wollte das Team so viel anders und besser machen…
Auf der Trainerposition folgte Karsten Bilger auf Thomas Neuefeind, mit veränderter Herangehensweise und dem Drehen an anderen Rädchen. Höhepunkt
war im Saisonverlauf sicher der Sieg gegen den späteren Deutschen Meister vom VfK Berlin einen Monat vor der DM. Doch auf dem Saisonhöhepunkt steckte
wieder Sand im Getriebe – gegen den Underdog aus Wünschmichelbach gab es eine deftige 0:3-Pleite. Nun wird in der Halle erneut Anlauf genommen. Als
Ziel ist die frühzeitigen DM-Qualifikation ausgegeben – und dort soll endlich wieder Edelmetall gewonnen werden. Karsten Bilger nimmt auch in dieser Saison wieder die Zügel in die Hand und kann auf einen fast identischen Kader zurückgreifen. Einzig Arne Grotelüschen wird aus beruflichen Gründen etwas kürzer treten. Dazu muss Bilger zum Saisonstart auf Mats Albrecht verzichten, der nach einer Operation in den ersten Begegnungen ausfällt. Beim Vorbereitungsturnier in Brettorf ließ der ASV mit dem Aus im Viertelfinale noch Luft nach oben – zu Saisonbeginn starten die Blau-Weißen mit drei Heimspielen gegen die Berliner Turnerschaft, den TK Hannover und den TSV Hagen 1860, der die Ahlhorner beim Turnier bezwang.
Spilles Saisonprognose: Es wird kein leichtes Jahr für den besten Hallenfaustballverein in der Bundesliga aller Zeiten: In 34 Spieljahren holte Ahlhorn 579 Punkte. Auch 2017/18 kommen wieder Punkte dazu, sie reichen für Rang drei.
Berliner Turnerschaft
Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei – darauf baut in dieser Saison die Berliner Turnerschaft. Als Aufsteiger geht das Team aus der Hauptstadt in die Saison und das mit keinem anderen Ziel als den Klassenerhalt. Wie schon in der Halle 2015/16 und auf dem Feld 2017, als das Vorhaben jeweils mit dem vorletzten Tabellenplatz scheiterte. Gerade auf dem Rasen war die Mannschaft um Timon Lützow dabei von Verletzungen geplagt, das gesteckte Ziel entschwand somit immer weiter in die Ferne. Nun soll es endlich klappen, auch wenn das Team realistisch bleibt. So glauben die Berliner selbst, dass der Ligaerhalt nur zu packen ist, wenn möglichst alle Spieler an ihrer Leistungsgrenze spielen und von Verletzungen verschont bleiben. Dazu soll die eingespielte Truppe wieder Unterstützung von einigen Nachwuchsspieler der zweiten Mannschaft erhalten, die bereits auf dem Feld Erstligaerfahrung sammelten.
Spilles Saisonprognose: Die Hauptstädter könnten sich ein wenig zur Fahrstuhlmannschaft der Liga entwickeln: Für die zweite Spielklasse zu stark, für die erste fehlt ein wenig die Breite. Somit muss die Turnerschaft auch 2018 den Gang in die zweite Liga antreten – Platz acht.
TK zu Hannover
In seine zweite Bundesligasaison in Folge startet der TK Hannover. Als Aufsteiger schaffte es die Mannschaft aus der Landeshaupstadt sogar auf Rang fünf, nach drei Jahren Abstinenz zuvor, scheint sich der TKH im Hallen-Oberhaus etabliert zu haben. Unter freiem Himmel liefen die Klubberer eine Liga tiefer auf, schafften aber auch hier souverän die Rückkehr in die Beletage. Auf dem Trainerposten gab es in der Zwischenzeit einen Wechsel. Ex-Bundestrainer Udo Schulz hat sein Amt an Ex-Nationalspieler Ole Hermanns weitergegeben. 39 Mal lief der Angreifer im deutsche Nationaltrikot auf – nun tanzt das junge TKH-Team nach seiner Pfeife. Hermanns hofft, dass der Schwung aus der Aufstiegssaison auch unter das Hallendach mitgenommen wird, personell muss er nur auf Abwehrspieler Jens Höppner verzichten. Eine Endplatzierung hat der dreimalige Europacupsieger auch nicht ausgegeben. Es solle von Spiel zu Spiel geschaut
werden – dann werde man am Ende sehen, auf welcher Höhe der Tabelle man sich wiederfinde.
Spilles Saisonprognose: Wie sagt man noch so schön? Das zweite Jahr ist immer das schwerste. So wird es auch dem TKH in dieser Saison gehen. Nach dem
Ligaverbleib in der vergangenen Spielzeit wird es in dieser Saison etwas knapper zugehen. Am Ende halten die Hannoveraner aber die Klasse.
VfK Berlin
Lange mussten sie darauf warten. Doch am 20. August schlug in Moslesfehn die Stunde des VfK Berlin. Acht Jahre nach dem letzten Titel bei einer Deutschen Meisterschaft standen die Hauptstädter wieder ganz oben auf dem Podest – und feierten als bestes Team Deutschlands ihren Titel. Anfang Juli musste sich der VfK im Endspiel des Europacups noch gegen den TSV Pfungstadt geschlagen geben. Doch den Schwung vom historischen Silbererfolg der Vereinsgeschichte nahm die Mannschaft von Trainer Roland Schubert mit nach Moslesfehn. Was für ein Triumph, zumal der VfK die Saison über auch von Verletzungen gebeutelt war. Gut zwei Monate sind seit dem DM-Titel vergangenen – Zeit genug, den Fokus wieder auf die Hallensaison zu legen. Personell bleibt alles beim Alten. Neben dem Stammpersonal, das seit Jahren in gleicher Besetzung durch die Bundesrepublik tourt, wird das Team um Kapitän Jascha Ohlrich weiter darauf setzten, den eigenen Nachwuchs zu integrieren. Für Sebastian Kögel gilt es nach seiner Verletzung auf dem Feld, schnellstmöglichst zurückzufinden. Dazu müssen auch die weiteren Spieler die Saison „überstehen“. Trotz des Titels ist man in der deutschen Metropole auf dem Boden geblieben und schraubt die Erwartungshaltung nach unten – und das obwohl man in den vergangen beiden Jahren den Nordmeistertitel holte.
Spilles Saisonprognose: Es gibt wohl kein Team in Deutschland, das seit so vielen Jahren in nahezu unveränderter Besetzung aufläuft. Der VfK ist aus der Spitzengruppe des deutschen Faustballs kaum wegzudenken und wird auch 2018 bei den Deutschen Meisterschaften auflaufen. Im Norden gibt es Platz zwei.
Leichlinger TV
Der Leichlinger TV befindet sich aktuell auf der Überholspur: Nach dem Aufstieg in die erste Hallenbundesliga, gelang dieses dem Team auch auf dem Feld. Der Kern der Mannschaft stammt aus der sehr erfolgreichen Jugendarbeit des LTV und spielt seit vielen Jahren in dieser Formation. Internationale Erfahrung kann einzig Allrounder Christian Weber aufweisen, der 2015 mit der U18-Nationalmannschaft den Europameistertitel gewann. Die Mannschaft selber dürfte deshalb wohl die große Unbekannte der Liga sein! Trotzdem müssen sich die Spieler nicht verstecken, schließlich blicken sie alle auf etliche Deutsche Meisterschaften und Ländervergleichskämpfen im Jugendbereich zurück.
Seit der Saison 2000/01 ist der LTV ununterbrochen in der zweiten Liga zu Hause, mit einem einjährigen Abstecher in die höchste Spielklasse. Das jetzige Team hat sich über die letzten Jahre hinweg eine gewisse Reife erarbeitet und fühlt sich nun gut vorbereitet, den nächsten großen Schritt „1. Liga“ zu wagen. Die Mannschaft ist mit einem Durchschnittsalter von 21,5 Jahren noch sehr jung, baut für die Zukunft auf weitere Zugänge aus den eigenen Reihen. Den Rheinländer ist bewusst, dass ihnen wie jedem Aufsteiger eine schwierige Saison bevorsteht, trotzdem ist der Klassenerhalt das große Ziel! Trainer Andreas Weber, der diese Mannschaft nun schon seit vielen Jahren trainiert, sieht die größte Gefahr seines Kaders in der mangelnden Breite. Sollte die Mannschaft verletzungsfrei bleiben, so dürfte das Team für die eine oder andere Überraschung sorgen können.
Spilles Saisonprognose: Den Klassenerhalt wird das junge Team aus Nordrhein-Westfalen wohl nicht schaffen. Trotzdem wird die Mannschaft von Andreas Weber sicher den einen oder anderen Fight liefern. Am Ende steht Platz sieben.
VfL Kellinghusen
So ganz zufrieden ist man beim VfL Kellinghusen mit den letzten beiden Spielzeiten in der Halle und dem Feld nicht. Beide Male fanden sich die Schleswig-Holsteiner auf Tabellenplatz sechs wieder. Der anstehenden Saison sehen die Schleswig-Holsteiner aber zuversichtlich entgegen. Das liegt vor allem an der langersehnten Rückkehr von U21-Europameister Rouven Kadgien, der gemeinsam mit Tom Kröger, Sascha Heidrich und Kevin Niehuus ein schlagkräftiges Angriffs-Quartett bildet. Auch Marten Kabbe, der durch eine langwierige Verletzung fast eineinhalb Jahre kaum zum Einsatz kam, ist voll im Training und wird die Abwehrreihen des VfL verstärken. Außerdem stehen mit Erik Maas, Torbjörn Schneider, Christopher Böhmker und Thorben Schütz dem Trainerduo Matthias Maas und Bernd Schneider die bewährten Kräfte zur Verfügung. Für den VfL wird es jetzt darauf ankommen, schnell eine eingespielte Stammformation zu finden. Nach siebenwöchigem Vorbereitungstraining nahmen die Störstädter – am Wochenende vor dem Start – beim Turnier in Brettorf teil und marschierten bis ins Endspiel. Hinter dem Top-Favoriten VfK 1901 Berlin, so glauben die Verantwortlichen, wird es in dieser Saison spannend zugehen. Die beiden Aufsteiger Berliner TS und TV Leichlingen seien stärker einzuschätzen als die letztjährigen Absteiger. Und bei den Teams aus Ahlhorn, Hannover, Hagen und Brettorf werde es oft auf die Tagesform ankommen und wer dort als Spieler aufläuft. Selber wollen sie kräftig mitmischen und sich am Ende zwischen Rang drei und fünf platzieren.
Spilles Saisonprognose: Mit der Rückkehr von Rouven Kadgien bieten sich dem VfL ganz neue Möglichkeiten in der Offensive. Dazu zeigt sich die Defensive von Jahr zu Jahr stärker. Kellinghusen wird die DM-Quali mit Platz vier zwar knapp verpassen, macht aber einen weiteren Sprung nach vorne.
TV Brettorf
„Jugend forscht“ hieß es beim TV Brettorf in der abgelaufenen Feldsaison. Während die etablierten Akteure vor Saisonbeginn um eine Pause baten oder an Verletzungen laborierten, durfte sich die A-Jugend im Haifischbecken erste Bundesliga versuchen. Gefressen wurde die junge Truppe von Coach Tim Lemke dabei keineswegs. Das Team ließ nach schwächeren Auftritten immer wieder starke Leistungen folgen. Mit Platz fünf wurde die Saison zufriedenstellend abgeschlossen. Nun geht es unter das Hallendach – und hier sind die Schwarz-Weißen für gewöhnlich stärker einzuschätzen. In Sachen Personal kehrt eine Menge an Routine zurück. Christian Abel verabschiedet sich aus privaten Gründen nach einer Saison wieder aus dem Bundesligateam. Nachwechsangreifer Hauke Rykena will in der 2. Bundesliga weitere Erfahrungen sammeln. Dafür ist Kapitän Timo Kläner wieder voll einsatzfähig und auch Tobias Kläner im Angriff kehrt zurück in die Mannschaft. Mit dem Jugendweltmeister von 2009 hofft Coach Lemke nun wieder auf eine DM-Teilnahme der Brettorfer. Neben Kläner läuft Malte Hollmann im Angriff auf, dazu gehören Hauke Spille, Tom Hartung und Marcel Osterloh zum Bundesligaaufgebot. Ein besonderes Highlight wartet auf das Team aus der Gemeinde Dötlingen zu Beginn des Jahres 2018. In eigener Halle findet der EFA Champions Cup statt, und da wollen die Brettorfer unbedingt eine Medaille gewinnen.
Spilles Saisonprognose: Der TVB hat eine tolle Mischung aus Jung und Alt gefunden. Die eigenen Ansprüche sind in dieser Spielzeit hoch, mit den Turniersiegen in Bardowick und Brettorf stimmt die Leistung bereits vor dem ersten Spieltag. Der TVB holt in diesem Jahr die Nordmeisterschaft.
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