Teamcheck: Die Männer-Bundesliga im Norden
Brettorf (DFBL/ssp). Auch die Nordteams starten in die Liga – und auch hier hat Experte Sönke Spille natürlich seinen traditionellen Teamcheck verfasst.
TSV Hagen 1860
Sechs Jahre – so lange ist die ununterbrochene Bundesligazugehörigkeit des TSV Hagen 1860 sowohl in der Halle als auch auf dem Feld. Der Seriensieger vor der Jahrtausendwende hat sich in der Eliteklasse etabliert und konnte in den vergangenen Spielzeiten immer öfter dem Spitzentrio der Liga folgen. Doch der positive Trend fand in dieser Hallensaison ein jähes Ende: Großes Verletzungspech – zwischenzeitlich stand nur einer von fünf potentiellen Angreifern zur Verfügung – gepaart mit unerklärlichen Schwächen in der eigentlich sehr stabilen Hagener Abwehr führten zu einer echten Katastrophensaison. Erst am letzten Spieltag konnten die Sechziger im direkten Duell mit dem Leichlinger TV den Abstieg und „absoluten Gau“ verhindern.
Vor der beginnenden Feldsaison sieht die Personalsituation für die Westfalen kaum besser aus. Stefan Bösch erlitt im letzten Spiel der Hallensaison einen Kreuzbandriss und wird dem Team von Trainer Holger Bock die ganze Saison fehlen. Auch hinter der Einsatzfähigkeit von André Hahn (Meniskus-OP) steht ein großes Fragezeichen, dazu schlagen sich Robin Kuhlmann und Ole Schachtsiek als weitere Angreifer bereits einige Zeit mit Knieproblemen herum. In den Fokus könnte somit wieder der junge Florian Kutscher rücken, dem bereits im Verlauf der Hallensaison eine immer größere Verantwortung zukam. In der Abwehr gibt es weniger Verletzungssorgen, das bisherige Stammpersonal aus Kapitän Olaf Machelett, Philipp Müller, Florian Sträßer und Leo Eckerle ist fit und will die angeschlagene Angriffsreihe bestmöglich unterstützen. Ole Schachtsiek wird erneut zwischen Angriff und Abwehr rotieren, zudem bieten sich einige junge Spieler aus der zweiten Mannschaft für weitere Einsätze an.
Als Ziel hat die Mannschaft ausgegeben, den Klassenerhalt zu erreichen – und das möglichst souveräner als in der Hallensaison. So liegt der Fokus auf einer guten Abwehrleistung und in einer hoffentlich schnellen Genesung der verletzten und angeschlagenen Spieler.
Tipp: Der TSV kämpft wie schon in der Hallensaison um den Klassenerhalt, kann hier aber auf die Erfahrungen der vergangenen Spielzeit zählen. Wenn es darauf ankommt, ist der TSV zur Stelle und sichert sich im Saisonendspurt wieder Platz 6.
TV Voerde
Die zurückliegende Hallensaison in der 2. Bundesliga schloss der TV Voerde mit einer Platzierung im gesicherten Mittelfeld ab – mehr war aufgrund einer anhaltenden Verletzungsmisere nicht möglich. Philip Hofmann und Kevin Schmalbach, auch 2018 im erweiterten Aufgebot der Deutschen Nationalmannschaft, fielen längerfristig aus, die letzten vier Saisonspiele mussten die Rheinländer sogar komplett ohne Angriff bestreiten. Während das Angriffs-Duo Philip Hofmann und Luca Rother inzwischen wieder ins Training eingestiegen ist, kann Jannik Wolff, die dritte Offensivkraft im Bunde, nach wie vor lediglich im Defensivbereich arbeiten. Zuspieler Kevin Schmalbach stieß erst kurz vor dem Saisonstart wieder zum Team. Ansonsten hat sich der Kader kaum verändert. Zu den Abwehrspielern Matthias Fischer, Lars Vollmann, Kapitän Ingo Hansen und Spielertrainer Sebastian Pynappel stößt lediglich Neuzugang Ralf Liebschner aus Coesfeld als zusätzliche Alternative im Angriff. Beim TVV trifft er mit Matthias Fischer und Sebastian Pynappel auf seine Teamkollegen der Männer 35-Mannschaft beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Nach einigen Jahren Unterbrechung möchte Liebschner nun auf seine „alten Tage“ noch einmal Bundesligaluft schnuppern. Traditionell unterstützt wird die Mannschaft von Betreuer Dietmar „Ditze“ Hansen. Nach der Deutschen Vizemeisterschaft im vergangenen Sommer ist die erneute Qualifikation für die DM-Endrunde das Ziel der Mannschaft. Mit den aktuellen Verletzungssorgen, der neue – kaum einen Ausrutscher verzeihende – Spielmodus und die nur zwei freien Startplätze für Ahlhorn, lassen dieses Unterfangen aber sicherlich von Beginn an zu einer großen Herausforderung werden, glauben die Rheinländer. Bereits die beiden Auftaktspiele gegen die DM-Halbfinalisten der Halle in Brettorf und eine Woche später zu Hause gegen Ahlhorn haben es da mehr als in sich!
Einen Saisonhöhepunkt hat Vorde in dieser Feldsaison aber ganz sicher vor der Brust. Nach dem Gewinn der Silbermedaille in der vergangenen Feldsaison tritt die Mannschaft zu ihrem zweiten internationalen Auftritt beim European Cup Anfang Juli in Tschechien an. Die Vorfreude des Teams ist bereits jetzt groß.
Tipp: Viel hängt davon ab, wie fit Philip Hofmann die Saison übersteht. Wenn er das ist, steht der dritten DM-Teilnahme in Folge nichts im Wege: Platz 3.
VfK Berlin
Der VfK Berlin ist wohl die Mannschaft der Stunde: Nach dem Titelgewinn im August 2017 auf dem Feld, legten die Hauptstädter im März in Mannheim nach. Dabei ging der „Plan“ des VfK perfekt auf. Zum Saisonstart wollte es die Mannschaft noch langsam angehen, die Intensität dann zum Saisonende und den nationalen Titelkämpfen hin immer weiter erhöhen. Sebastian Kögel wurde nach der schweren Verletzung langsam wieder an die Bundesliga herangeführt. Auch eine langwierige Verletzung von Tobias Andres konnte das Berliner Konzept dann nicht stoppen, Daniel Hlebaroff stellte sich als starke Ergänzung heraus. Die gewünschte Intensität zum Saisonende konnten die Berliner dann aber nicht ganz so steigern wie gewünscht, da die Spieler von Grippewelle und beruflichen Verpflichtungen arg gebeutelt waren. Da dem TV Brettorf im Saisonendspurt aber noch mehr die Puste ausging, schaffte es der Feldmeister am Ende doch noch am niedersächsischen Kontrahenten vorbeizuziehen. Bei der Deutschen gerieten die Medaillenträume nach einer Auftaktniederlage gegen Ahlhorn dann frühzeitig zu platzen – danach steigerte sich die Mannschaft um Nationalangreifer Lukas Schubert aber deutlich und feierte den zweiten Deutschen Meistertitel in nur einem Jahr.
Gründe, personell etwas zu verändern, gibt es also keine. Einzig Manuel Kögel gehört nun fest zum Erstliga-Aufgebot. Der U18-Nationalspieler senkt damit den Berliner Altersschnitt (28,4 Jahre) deutlich. Nun gilt es, dass alle Akteure gesund durch den Sommer kommen. Dann sehen sich die Berliner wieder gewappnet, oben mitzuspielen – und wenn alles perfekt läuft, dem TSV Pfungstadt auch mit Patrick Thomas mal ordentlich einheizen. Aber der Druck gewinnen zu müssen, ist dieses Jahr nicht mehr da – und das macht es für alle etwas entspannter.
Tipp: Der VfK bleibt auch in dieser Saison das Maß aller Dinge. Als Titelverteidiger kann es kaum ein anderes Ziel als der erneute Einzug ins DM-Endspiel sein. In der Bundesliga wird es die Nordmeisterschaft.
Leichlinger TV
Es war der Showdown zum Saisonende, der den Abstieg dann doch noch besiegelte. Als Aufsteiger in die 1. Bundesliga Nord der Männer gehörte der LTV sicher zu den Abstiegskandidaten. Nach einer Saison mit Licht und Schatten fehlte dennoch nicht viel und die Rheinländer hätten den Ligaerhalt geschafft. Als größtes Problem stellte sich in der gesamten Hallensaison der von Trainer Andreas Weber bereits vor der Saison prognostizierte kleine Kader heraus. Verletzungen zwangen bereits früh in der Saison zu rotieren, Spieler der eigenen Jugend rückten auf – sicherlich auf Kosten der Routine. Dennoch schien der Klassenerhalt bis zum letzten Spieltag möglich – am Ende gab es im „Endspiel“ aber eine Niederlage gegen den TSV Hagen, der damit an den Leichlingern vorbeizog.
Für die kommende Feldsaison werden die Karten zwar neu gemischt, die Probleme in Leichlingen bleiben aber zunächst die gleichen! Auf der Suche nach neuen Akteuren vermelden Trainer Andreas Weber und die Vereinsführung keinen Erfolg. Es war schwer, geeignete Spieler auf Bundesliganiveau zu finden. Zwar gab es einige sehr interessante Gespräche, die blieben am Ende aber leider alle ohne Erfolg. Somit baut Coach Weber mittelfristig auf den eigenen Nachwuchs – auch wenn es bis zur Bundesligareife vielleicht noch ein wenig dauert.
Deshalb gilt auch für die Feldsaison: Sollten die Leichlinger halbwegs verletzungsfrei agieren können, haben sie durchaus realistische Chancen den Klassenerhalt zu schaffen. Ohnehin ist die Planung längerfristig ausgelegt. Ob es in diesem Jahr nun klappt mit dem Klassenerhalt oder der LTV doch noch einmal den Gang in Liga zwei antreten muss. Die Rheinländer wollen in dieser Spielzeit wieder für die eine oder andere Überraschung sorgen und sich mittelfristig zu einem festen Bestandteil im Faustball-Oberhaus etablieren.
Tipp: Bereits in der Halle hat der LTV bewiesen, dass der Klassenerhalt möglich ist. In der Spielzeit unter freiem Himmel sind die Leichlinger aber nicht ganz so stark einzuschätzen. Deshalb wird es vorerst zurück in Liga 2 gehen: Platz 8.
VfL Kellinghusen
Eine gute Hallensaison 2017/18 liegt hinter den Bundesligafaustballern des VfL Kellinghusen. Nach einem durchwachsenen Start überzeugten die Störstädter mit Siegen gegen den TK Hannover und den Ahlhorner SV und landeten mit 16:12 Zählern auf Rang vier – die beste Punkteausbeute in einer Hallensaison bisher. Großen Anteil daran hatte U21-Europameister Rouven Kadgien, der mit seinen 20 Jahren immer mehr zur Führungsperson heranwächst. In seinem Sog steigerten sich auch die beiden Youngster Marten Kabbe und Thorben Schütz (beide 19), die immer mehr zu festen Stützen im VfL-Aufgebot werden. Und auch die mehrjährige Bundesligaerfahrung der beiden Abwehrspezialisten Erik Maas und Christopher Böhmker macht sich immer mehr bemerkbar. Größtenteils verzichten müssen die Kellinghuser wohl auf Kapitän Tom Kröger, der aus privaten und beruflichen Gründen nur begrenzt zur Verfügung steht. Dafür kehrt Sascha Hedrich – nach einer von Verletzungen geprägten Hallensaison – zurück auf das Spielfeld. Er soll neben Kadgien die zweite Position in der Offensive bekleiden. Mittelmann Torbjörn Schneider wird nach seiner Verletzung aus der Halle weiterhin fehlen. Zwar befindet er sich im Aufbautraining, wird aufgrund eines USA-Aufenthaltes erst Ende Juni wieder zum Team stoßen. Dafür rückt der 18-jährige Till Julius Plietsch in den Erstligakader und soll an der Schlagposition herangeführt werden. Sollte es zu einem Personalengpass kommen, hat VfL-Trainer Matthias Maas noch Hannes Brockmann (16 Jahre) in der Hinterhand. Das Team hat sich für diese Saison zum Ziel gesetzt, einen der ersten 4 Plätze zu belegen.
Tipp: Der VfL kann in dieser Feldsaison um die DM-Plätze mitspielen. Beim Turnier in Vaihingen/Enz – eine Woche vor Saisonstart – gelang sogar ein Sieg gegen den World-Tour Finalisten STV Wigoltingen (Schweiz). Am Ende der Saison steht Kellinghusen auf Rang 4.
Ahlhorner SV
Endlich! In der abgelaufenen Hallensaison konnte der Ahlhorner SV nach vielen vergeblichen Anläufen wieder ein Spiel bei einer Deutschen Meisterschaft gewinnen, an einem Finaltag teilnehmen und bei der Vergabe der Medaillen aktiv mitwirken. Zwar gab es im Spiel um Bronze ausgerechnet gegen Landkreis-Rivale TV Brettorf eine Niederlage, nach kurzer Enttäuschung kehrte dann aber recht schnell Zufriedenheit über eine sehr ordentliche Saison ein. Gerade nachdem man dem ASV öffentlich als einzigem Team der DM keine Chance auf den Titel eingeräumt hatte, zeigte es die Truppe von Karsten Bilger vorallem mental, dass sie noch zu den besten Mannschaften Deutschlands gehören. Und die sind Mitte August in der Ahlhorner Faustball-Arena bei den Deutschen Meisterschaften der Feldsaison zu Gast. Der nächsten DM mit Ahlhorner Beteilung sollte mit dem Ausrichterfreiplatz nichts im Wege stehen. Der Kader bleibt identisch zur Spielzeit unter dem Hallendach, von Coach Bilger wurde in seiner dritten Saison an der Seitenlinie nicht am eingespielten Konzept der Vorbereitung gerüttelt. So nahmen die Blau-Weißen vor dem Saisonstart am alljährlichen Turnier in Hannover teil. Als Ziel hat sich die Mannschaft vorgenommen, erst die Runde der besten vier Nord-Mannschaften zu erreichen – und hier die Qualifikation zu den nationalen Titelkämpfen aus eigener Kraft fix zu machen.
Tipp: Mit dem DM-Ticket in der Tasche kann der ASV befreit aufspielen. Nach der nur knapp verpassten Medaille in Mannheim brennt die Mannschaft von Karsten Bilger darauf, nun in der Feldsaison auf dem Podest bei den Deutschen zu stehen: Platz 2.
TK Hannover
Absolut zufrieden sind die Hannoveraner mit dem Verlauf der Hallensaison. 14:14 Punkte und Platz fünf standen am Ende zu Buche, für das junge Team ein toller Erfolg, zumal es mit Einigem an Verletzungspech zu kämpfen hatte. Ohne das – und die damit verbundenen schwankenden Leistungen – wäre für die Mannschaft aus der niedersächsischen Landeshauptstadt vielleicht noch mehr drin gewesen. Zur Spielzeit auf dem Rasen hat der TKH den Abgang von Marco Salzberger nach Österreich zu verzeichnen. Dafür gibt es Verstärkung aus Bothfeld: Mirco Dierking soll für noch mehr Qualität im Angriff sorgen. Als Aufsteiger sind die Ziele der Klubberer zurückhaltender, allerdings scheut sich die Truppe von Trainer Ole Hermanns nicht vor den neuen Aufgaben. Langsam im Oberhaus angekommen, wollen sie auch den einen oder anderen stärkeren Gegner vor Herausforderungen stellen. Mit dem neuen Turniermodus und den Konstellationen der Mannschaften glauben die Hannoveraner, dass die Liga noch einmal deutlich spannender als in der Hallensaison wird – und gehen mit der nötigen Ernsthaftigkeit in die Spielzeit.
Tipp: Der erste Anlauf Feld-Bundesliga endete vor zwei Jahren mit dem direkten Abstieg. Jetzt scheint Hannover gewappnet für das Oberhaus. Zwar reicht es nicht ganz für die Meisterrunde – mit dem Abstieg hat der TKH aber auch nichts zu tun: Rang 5.
TV Brettorf
Ein Abo auf Bronze scheinen die Brettorfer Faustballer in der Hallensaison zu haben. Von der DM in Mannheim kehrte das Team bereits zum vierten Mal in Folge mit dem dritten Platz in den Landkreis Oldenburg zurück. Noch einen Rang besser platzierte sich die Mannschaft beim Champions Cup in eigener Halle. Mit einem Sieg gegen den SVD Diepoldsau zog der TVB ins Endspiel gegen Pfungstadt ein, verpasste hier aber den ganz großen Triumph. Zur startenden Spielzeit auf dem Feld sieht nun viel nach einem Neuanfang aus. Tim Lemke hat seine Aufgaben als Spieler und Trainer abgegeben, Tobias und Timo Kläner legen zumindestens für diese Spielzeit eine Pause ein. Alle Augen sind somit auf den eigenen Nachwuchs gerichtet, der zuletzt groß bei Deutschen Meisterschaften aufspielte. Ältester Aktiver wird mit 21 Jahren Angreifer Malte Hollmann sein. In der Hallensaison hat sich auch Zuspieler Hauke Spille einen Stammplatz erarbeitet. Dazu kommt beinahe der gesamte Kader des Deutschen U18-Meisters. Marcel Osterloh, Tom Hartung und Moritz Cording bilden die Abwehrreihe. Hauke Rykena und Vincent Neu sollen Malte Hollmann im Angriff unterstützen. Neuer Trainer des TVB ist Klaus Tabke, der bereits von 2009 bis 2014 die Geschicke der Männer leitete und zuletzt die so erfolgreiche Brettorfer Jugend betreute. Seine Aufgabe ist es jetzt, mit dem jungen Team den Klassenerhalt zu schaffen.
Tipp: Die schwere Last Bundesliga wird in Brettorf allein auf die Schultern noch zu junger Spieler gelegt. Der Kader verfügt zwar über jede Menge Talent, doch die Konkurrenz in der Bundesliga hat eher die nötige Erfahrung im Oberhaus. Brettorf beendet die Saison auf Platz 7.
Zurück