Neuenfeld: „Der Titel ist nur eine Momentaufnahme“

Siegerparty im „Deutschen Haus“: Olaf im „Olaff“ (Foto: DFBL/bec)

Schneverdingen (DFBL/bec). Gut zwei Wochen nach Ende der Weltmeisterschaft ist auch der Bundestrainer wieder Zuhause: Nach seiner Rückkehr von den Senioren-Weltspielen aus Chile blickt Olaf Neuenfeld im Interview mit der DFBL noch einmal zurück auf ein etwas anderes WM-Turnier, schaut voraus auf die kommenden Großereignisse – und vermeldet ganz nebenbei seine „Vertragsverlängerung“.

Olaf, du bist vergangene Woche als letzter der Delegation wieder in Deutschland gelandet. Wie lautet mit etwas Abstand dein Fazit der Weltmeisterschaft?

Olaf Neuenfeld: „Es ist immer noch nicht ganz real, was dort in Argentinien passiert ist. Ohne Satzverlust, ja sogar ohne einen einzigen Satzball abwehren zu müssen, Weltmeister zu werden, hätte ich nicht für möglich gehalten. Es waren sehr schwierige Bedingungen vor Ort. Und alles erschien möglich. Wir haben uns aber bereits in den ersten Tagen gesagt, dass wir die ganzen Probleme, die vor Ort herrschten, nicht an uns herankommen lassen dürfen, und uns nur auf unser Ziel fokussieren wollen. Das ist uns schlussendlich auch geglückt.“

Du sprichst die Organisation in Villa General Belgrano und den anderen Spielorten an, die anfangs extrem chaotisch war. Wo lagen die Probleme genau?

Neuenfeld:  „Es gab im Vorfeld so gut wie keine Informationen, was wie wann laufen wird. Wir mussten viel improvisieren und flexibel handeln. Die sandigen Spielfelder der Vorrundenorte haben dann noch ihr Übriges dazu getan. Die Helfer vor Ort haben ihr Bestes getan und die paar wenigen Verantwortlichen im Organisationskomittee unterstützt. Mein Unverständnis richtet sich da eher an die IFA als verantwortliche Organisation, die diese WM an einen Ort gegeben hat, an dem wenig Faustball gespielt wird und wo die Infrastruktur und die nötige Personenzahl für ein solches Event gar nicht vorhanden ist. Da sollte man sich schon vorher mal überlegen, ob das so richtig ist.“

Die Faustballwelt hat sich immer wieder anerkennend vor Patrick Thomas verneigt. „El Matador“, wie er während der Titelkämpfe genannt wurde, hat keinerlei Schwächephasen gezeigt und auf einem unglaublichen Niveau gespielt. Trägt er den Hauptanteil an dem Erfolg?

Neuenfeld: „Der Angreifer trägt immer einen großen Anteil an einem Erfolg im Faustball. In unserem Fall hat aber auch unsere Abwehr Außerordentliches geleistet. Wie viele Bälle von uns zum eigenen direkten Zuspiel abgewehrt wurden, war mit ausschlaggebend für die erfolgreichen Schläge von Patrick. Und unser breiter Kader hat uns auch geholfen, unberechenbar und flexibel zu sein, ohne einen Qualitätsverlust zu haben. Da haben wir als Trainer schon ein echtes Luxusproblem, aus so vielen guten Spielern auswählen zu können. Schade ist es nur für diejenigen, die weniger Einsatzzeiten bekommen haben.“

Olaf Neuenfeld und sein WM-Jubel (Foto: DFBL/Schönwandt)

Olaf Neuenfeld und sein WM-Jubel (Foto: DFBL/Schönwandt)

Du hast bestimmt Unmengen von Glückwünschen von Fans, Trainerkollegen, Funktionären, ehemaligen und aktuellen Spielern bekommen. Konntest du schon alle beantworten?

Neuenfeld: „Ehrlich gesagt, waren es gar nicht so viele. Das war schon etwas überraschend, aber vielleicht haben es alle schon vorher gewusst, dass es so laufen wird. Nur für mich war es nicht so klar. Da herrscht wohl schon wieder ein gewisses Selbstverständnis in Faustball-Deutschland, das die Titel einfach nur noch zur Kenntnis nimmt. Den Leuten sei gesagt, dass bei allem Talent, das die Spieler mitbringen, sehr viel Arbeit dahinter steckt. Den Aufwand, den wir in diesem Jahr alle betrieben haben, sucht seinesgleichen. Beim nächsten Event kann sich das Blatt auch schnell wieder zu unseren Ungunsten wenden, denn die Konkurrenz schläft nicht. Der Titel ist nur eine Momentaufnahme.“

Aus Insiderkreisen hörte man, dass es vor dem Halbfinale gegen Österreich zu einigen kuriosen Vorgängen kam?

Neuenfeld: „Das war schon einigermaßen bemerkenswert, was dort passiert ist. Da steigt man in den Bus ein, um pünktlich am Platz zu sein und plötzlich fährt der Bus in eine andere Richtung, um das österreichische Team von seinem Hotel abzuholen. Dort angekommen, war leider weit und breit kein Österreicher zu sehen. Minuten später stiegen sie dann in den Bus ein, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Am Platz angekommen, belegten sie dann eins der beiden noch freien Umkleidezelte. Aus dem anderen, das dann logischerweise für uns war, nahmen sie die Hälfte aller Stühle für sich heraus. Die T-Shirts mit der Aufschrift „Immer wieder Cordoba“, die sie in Anspielung auf die Fußball-WM 1978 die Woche über trugen, haben dann endgültig dafür gesorgt, dass ich meinen Jungs vor dem Spiel gar nicht mehr viel sagen musste. Eine bessere Steilvorlage zur Motivation hätte man uns gar nicht geben können …“

Direkt nach dem Endspiel hast du im Interview gesagt, dass du gerne auch noch einen dritten Titel bei der WM 2019 in der Schweiz gewinnen möchtest. Bedeutet das eine Vertragsverlängerung?

Neuenfeld: „Vertragsverlängerung hört sich gut an . Ich habe mit unserem Präsidenten der DFBL, Ulli Meiners, nach der WM zusammen mit meinem Co-Trainer Chris Löwe, unsere Zusammenarbeit bis 2019 per Handschlag besiegelt. So läuft das bei uns Faustballern. Mit ausschlaggebend war übrigens auch die Tatsache, dass die nächste WM in der Schweiz stattfindet. Das wird ein Super-Event, dass sich schon jetzt jeder Faustballfan vormerken sollte.“

Wie geht es 2016 weiter? Gibt es Veränderungen im Kader und welche Maßnahmen werdet ihr im nächsten Jahr durch führen?

Neuenfeld: „Veränderungen wird es im personellen Bereich sicherlich geben. Im Moment laufen die Planungen und Gespräche noch. Klar ist bisher nur, dass Christian Kläner und Michael Marx ihre großartigen Karrieren in der Nationalmannschaft beendet haben. Der neue Kader wird dann erst Anfang 2016 bekannt gegeben. Ende August wird die Europameisterschaft im österreichischen Grieskirchen ausgetragen. Vorher sind wir Ende Juli vom TV Stammheim zum Lehrgang eingeladen. Nur für den ersten Lehrgang vom 25. bis 29. Mai fehlt uns noch ein Ausrichter. Falls ein Verein Interesse hat, den Weltmeister für 5 Tage auf seiner Anlage zu haben, kann er sich gerne direkt bei mir melden.“

 

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